Ein stinkender Hund, eine verängstigte Übersetzerin: Turbulenter Prozess in Wandsbek
„Herr Richter, Sie müssen wissen: Der Hund ist schon echt alt, hat schon graue Haare an der Schnauze – und ja, er stinkt auch.“ So beginnt der Angeklagte seine Ausführungen vor dem Amtsgericht Wandsbek. Dem 39-Jährigen wird Bedrohung in Tateinheit mit Beleidigung vorgeworfen. Der Prozess entwickelt sich nicht weniger kurios als der Fall – die Situation im Gericht eskaliert.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Neukunden lesen die ersten 4 Wochen für nur 1 €!Zugriff auf alle M+-ArtikelWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen //
online kündbarMOPO+ Jahresabo
für 79,00 €Jetzt sichern!Spare 23 Prozent!Zugriff auf alle M+-ArtikelWeniger Werbung
Danach zum gleichen Preis lesen //
online kündbar
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
„Herr Richter, Sie müssen wissen: Der Hund ist schon echt alt, hat schon graue Haare an der Schnauze – und ja, er stinkt auch.“ So beginnt der Angeklagte seine Ausführungen vor dem Amtsgericht Wandsbek. Dem 39-Jährigen wird Bedrohung in Tateinheit mit Beleidigung vorgeworfen. Der Prozess entwickelt sich nicht weniger kurios als der Fall – die Situation im Gericht wird turbulent.
Es geht um den Abend des 3. August 2021. Der angeklagte Serkan K. (39) ging mit seinem – wie er mehrfach betont – alten und stinkenden Hund am Max-Hertz-Ring in Farmsen-Berne spazieren. Er sei alkoholisiert gewesen und kam an mit Fahrrädern spielenden Kindern vorbei, die den Hund streicheln wollten.
Ein Kind trug einen Fahrradhelm. „Helme sind scheiße“, sagte K. – „im Spaß“, wie er jetzt beteuert. Als der Vater, Herr B., dazu kam, eskalierte die Situation: B. soll gesagt haben, dass Hunde „unrein“ seien und man sie deshalb nicht berühren dürfe. Laut K. habe B. den Hund dann getreten. Ein Zeuge berichtet später, dass B. den Hund nicht getreten, sondern nur leicht mit der Hand weggeschubst haben soll.
Farmen-Berne: 37-Jähriger soll Mann beleidigt und mit Messer bedroht haben
„Was ist denn das für eine Mischung? Du bist bestimmt Syrer. Ein Flüchtling, der nur wegen dem Geld hier ist. Geh zurück nach Bagdad“, soll Serkan K. dann im Streit gesagt und ein Klappmesser aus der Tasche gezogen haben. Dass er sein Messer rausgeholt hat, gibt K. auch zu. Im Unterschied zur Anklage meint er jedoch, sich nur gegenüber B. verteidigt haben zu wollen, weil der ihn mit dem Fahrradhelm geschlagen hätte. Als B. ein Foto von K. mit dem Messer als Beweis für die Polizei machen wollte, soll K. laut eines anwesenden Zeugen die Waffe weggeworfen haben.
Dieser Zeuge spricht nur gebrochen Deutsch, hat eine Dolmetscherin als Hilfe. Er gestikuliert viel, unterbricht oft den Verteidiger. Die Dolmetscherin tut sich schwer, weiß nicht genau, was und wann sie übersetzen soll. Als der Zeuge mit dem Finger einen Kreis auf den Tisch malt und bei der Übersetzung dieser Part überhaupt nicht auftaucht, reicht es dem Verteidiger.
Er wirft der Frau vor, lediglich die Aussagen des Zeugen zusammenzufassen und nicht eins zu eins zu übersetzen. Die Dolmetscherin beteuert, schon seit acht Jahren zu übersetzen. „Wenn Sie das schon so lange machen, dann wundert es mich, dass Sie auch noch Kommentare abgeben“, sagt der Verteidiger. Und: Er fordert, dass die Übersetzerin entlassen wird.
Das könnte Sie auch interessieren: Großeinsatz im Box-Gym – Dealer legt sich mit den Falschen an
Die Frau wirkt gestresst, versucht aber weiterzumachen. Als der Verteidiger sich mit seinem Mandanten besprechen will, sagt die Dolmetscherin dem Richter, dass sie sich vom Angeklagten bedroht fühlt, weil er sie „die ganze Zeit anstarrt“.
Daraufhin wirkt Serkan K. provoziert – er schaut auffällig oft die Dolmetscherin an, auch wenn sie gar nicht redet, lächelt dabei. Als der Zeuge entlassen wird, geht die Übersetzerin zügig aus dem Gerichtssaal. Man kann ihr die Erleichterung im Gesicht ablesen.
Ein eher ungewöhnlicher Prozessauftakt. Ende November geht es in die nächste Runde.