Grüne setzen aufmüpfige Abgeordnete ab – trotz heftiger Kritik
Sie stimmte in der Bürgerschaft entgegen der Parteilinie für die Einsetzung eines NSU-Untersuchungsausschusses, jetzt muss sie gehen: Die Grünen-Politikerin Miriam Block wird von allen ihren Ämtern abberufen. Das hat die Fraktion am Montag beschlossen – bei einer Mammutsitzung.
Sie stimmte für einen NSU-Untersuchungsausschuss, jetzt muss sie gehen: Die Grünen-Politikerin Miriam Block wird von ihren Ämtern abberufen. Das hat die Fraktion am Montag beschlossen – bei einer Mammutsitzung.
Bislang war Miriam Block wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion und saß im Wissenschafts- und Innenausschuss. Doch damit ist jetzt Schluss. Block bleibt nur noch einfache Abgeordnete. Eine einfache Mehrheit reichte dafür aus – zu dieser zu kommen, war jedoch alles andere als einfach. Erst nach einer stundenlangen Sitzung gaben die Grünen am späten Montagabend das Ergebnis der Abstimmungen bekannt.
Alle drei Abstimmungen endeten eindeutig: Für den Verlust ihrer Funktion als wissenschaftspolitische Sprecherin stimmten 22 Abgeordnete, es gab sieben Nein-Stimmen. Mit 20 Ja- und neun Nein-Stimmen wurde Block aus dem Wissenschaftsausschuss abberufen; für ihre Abberufung aus dem Innenausschuss stimmten 25 Abgeordnete (fünf Nein-Stimmen). Zu etwaigen Enthaltungen gab es zunächst keine Angaben.
Hamburg: Grüne-Abgeordnete stimmte für PUA
Damit wird die 33-Jährige dafür abgestraft, dass sie nicht der Fraktionslinie, sondern ihrem Gewissen gefolgt war: Sie hatte Mitte April in der Bürgerschaft im Alleingang nicht mit der Koalition und eigenen Fraktion, sondern mit der Opposition gestimmt. Die Linksfraktion hatte einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) um den Mord des Bahrenfelder Gemüsehändlers Süleyman Taşköprü gefordert, der vor fast 22 Jahren Opfer des „Nationalsozialistischen Untergrunds” (NSU) wurde – SPD und Grüne in einem gemeinsamen Antrag dagegen nur eine wissenschaftliche Studie zur Aufarbeitung. Hamburg ist das einzige Bundesland, in dem es nach einem NSU-Mord keinen PUA gab.
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Block hatte erklärt, sie könne es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, den Antrag der Linken abzulehnen, „solange wir keinen alternativen Weg für ernsthafte Aufklärung finden.“ Rein inhaltlich dürften ihr Parteikollegen zustimmen: Auch die Grünen hatten zuvor einen PUA gefordert und dafür gekämpft. Weil die SPD vehement dagegen ist, wurde das Thema zur harten Zerreißprobe für die Koalition. Schließlich gaben die Grünen – wie schon bei den Koalitionsverhandlungen – klein bei. Man schaffte es gerade noch, sich auf die Studie zu einigen. Alle Grünen-Abgeordneten stimmten dafür – bis auf eine.
Abwahl von Miriam Block sei der Fraktion „nicht leichtgefallen“
So sah sich die Fraktionsspitze aus Jenny Jasberg und Dominik Lorenzen offenbar in Zugzwang. Block habe mit ihrem Verhalten rund um die Abstimmung „einen erheblichen Schaden für die Fraktion in Kauf genommen“, sagte ein Fraktionssprecher der MOPO. Das Vertrauen sei spürbar zerrüttet. Auch die grünen Senatoren haben den Vorstoß unterstützt. Da reichten selbst die große Solidarität für Block und scharfe Kritik am Fraktionsvorgehen – etwa vom Bündnis gegen Rechts (Block solle „mundtot” gemacht werden) – nicht.
Lorenzen sagte zu der Entscheidung, sie sei „die Konsequenz aus dem Verhalten der Abgeordneten in den letzten Wochen“, weil Block „wiederholt gegen gemeinsame Absprachen“ verstoßen habe: „Der nun erfolgte Schritt ist aus Sicht der Fraktion daher notwendig, allen Beteiligten zugleich aber nicht leichtgefallen.“