Gefährlicher Trend: Immer mehr Menschen spritzen sich selbst Hyaluronsäure
„Risikoarm, schonend, effektiv“ – mit Slogans wie diesen wird in den sozialen Netzwerken für Schönheitsbehandlungen ohne Arzt geworben. Jeder kann sich, so die Botschaft, selbst Hyaluronsäure gegen die Faltenbildung spritzen und so die hohen Kosten einer Operation sparen. Experten warnen nun: Das kann gründlich schief gehen!
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„Risikoarm, schonend, effektiv“ – mit Slogans wie diesen wird in den sozialen Netzwerken für Schönheitsbehandlungen ohne Arzt geworben. Jeder kann sich, so die Botschaft, selbst Hyaluronsäure gegen die Faltenbildung spritzen und so die hohen Kosten einer Operation sparen. Experten warnen nun: Das kann gründlich schief gehen!
Seit Corona ist die Nachfrage nach Schönheits-OPs massiv gestiegen. Weil viele Menschen im Homeoffice sind und sich bei Video-Konferenzen selbst auf dem Bildschirm betrachten, fallen ihnen kleine Makel mehr auf als früher. So stieg die Zahl der minimalinvasiven ästhetischen Behandlungen laut der deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische-Chirurge (DGÄPC) von 41,5 Prozent im Jahr 2019 auf 63,7 Prozent in 2020.
Fachärzte warnen: Patient*innen riskieren bleibende Schäden
Doch nicht jeder kann sich die teure Behandlung leisten. Und so greifen immer mehr Menschen selbst zur Spritze, um sich das Mittel gegen Falten selbst zu injizieren. „Wir Fachärztinnen und -ärzte von der DGÄPC beobachten eine besorgniserregende Entwicklung, die sich in den sozialen Netzwerken abzeichnet: die Darstellung und Bewerbung sogenannter DIY-Schönheitsbehandlungen im Internet. Es tauchen Videos auf, die zeigen, wie Patient*innen sich mit Spritzen oder Pens den Wirkstoff Hyaluron selbst in die Lippen und eventuell noch andere Stellen im Gesicht injizieren“, sagt Dr. Lutz Kleinschmidt, Vorstandsmitglied und selbst Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie.
Kleinschmidt und seine Kollegen befürchten fatale Folgen: „Dabei riskieren Patient*innen nicht nur optisch ein entstellendes Ergebnis, sondern auch gesundheitliche Komplikationen!“ Selbst bei der Benutzung von Pens – kleine, stiftähnliche Geräte ohne Nadel, welche die Hyaluronsäure mit hohem Luftdruck unter die oberste Hautschicht pressen – könne es zu Verletzungen kommen. Es könnten Risse in der Lippenhaut oder Blutergüsse auftreten. Optisch sei nichts gewonnen: Der Effekt sei oft plump und halte nicht lange an.
Mögliche Komplikationen: verstopfte Blutgefäße, Erblindung
Die Fachärzte warnen: Im Gesicht gebe es viele sensible Stellen, an denen die Blutgefäße durch eine Injektion zugedrückt werden können. Die Stelle wird dann weiß – ein Zeichen, dass die Haut dort nicht mehr gut durchblutet wird. In diesem Fall müsse sofort ein Gegenmittel gespritzt werden, das nur in professionellen Praxen vorrätig ist. Noch gefährlicher werde es, wenn das Hyaluron versehentlich ins Innere des Blutgefäßes gespritzt wird. Dann verstopfe das Blutgefäß, was zu irreparablen Schäden führen könne.
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Im schlimmsten Fall wird ein Gefäß, welches den Sehnerv mit Blut versorgt, verstopft. Die Folge: Erblindung! „Glücklicherweise sind solche Fälle extrem selten. In Deutschland ist mir das Auftreten einer Erblindung noch nicht bekannt, aber das Risiko besteht durchaus – die Folgen eines Hyaluron-Eingriffs dürfen daher keinesfalls unterschätzt werden“, betont auch Kleinschmidts Kollegin Miriam Koeller-Bratz.
Viele Produkte auf dem Markt sind von minderwertiger Qualität
Die Fachärzte weisen darüber hinaus darauf hin, dass seriöse Hersteller von Hyaluronsäure nicht an Laien verkaufen. Es sei daher davon auszugehen, dass die auf dem freien Markt erhältlichen Produkte von minderwertiger Qualität sind.
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Lutz Kleinschmidt: „Wir können von solchen Experimenten nur abraten und appellieren an Social Media-Influencer*innen und Nutzer*innen, das Risiko unseriöser ästhetisch-plastischer Behandlungen nicht zu verharmlosen und entsprechende Inhalte nicht zu erstellen oder zu teilen.“