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Dieter Hecking als HSV-Trainer und Tim Walter als Stuttgart-Coach trafen im Oktober 2019 im Volkspark aufeinander.
  • Dieter Hecking als HSV-Trainer und Tim Walter als Stuttgart-Coach trafen im Oktober 2019 auch im DFB-Pokal im Volkspark aufeinander.
  • Foto: imago/Jan Huebner

Hecking vor Wiedersehen mit dem HSV: „Dann habe ich hier keine Zukunft“

Als Dieter Hecking den HSV im Sommer 2020 verließ, hätte er es nicht für möglich gehalten, nochmal als Trainer in den Volkspark zurückzukehren. Das Büro war seine Zukunft, mit diesem Gedanken wechselte er als Sportvorstand zum 1. FC Nürnberg. Weil der 58-Jährige vor eineinhalb Wochen aber keinen anderen Ausweg mehr sah und sich zusätzlich zum Coach der abstiegsbedrohten Franken aufschwang, folgt nun am Samstag das Wiedersehen der besonderen Art.

Organisation ist das halbe Leben. Kaum jemand wird das momentan besser als Hecking beurteilen können, der an mehreren Fronten unterwegs ist. „Wenn ich hier gleich fertig bin, ist der Trainer erstmal Geschichte, dann ist nachher wieder der Sportvorstand gefragt“, sagt Hecking am Telefon. Viel zu tun. Das wird in den kommenden zwölf Wochen bis zum Saisonende so bleiben. Und er wollte es ja schließlich so.

Hecking über seine Trainer-Rückkehr: „Kam überraschend“

Seit der Sportvorstand Hecking Trainer Markus Weinzierl entließ und sich selbst in die Doppelrolle hievte, ist nichts mehr so, wie es geplant war. „Dass ich nochmal auf der Trainerbank sitze, kam für alle überraschend“, erzählt der neue, alte Coach, der auf eine große Trainerkarriere zurückblicken kann. Er gewann mit Wolfsburg den DFB-Pokal, siegte in der Champions League gegen Real Madrid, führte Gladbach in die Europa League. Große Momente. Doch Hecking gibt zu: „Ich habe jetzt am Anfang etwas gefremdelt. Man drückt nicht einfach so auf den Knopf und alles ist wieder da. Aber mit jedem Tag mehr kommt man wieder in den Angriffsmodus. Das spüre ich auch bei mir.“

Das passt dann ja ganz hervorragend zu der Partie am Samstag. Im Volkspark wartet mit HSV-Trainer Tim Walter der Ober-Boss der Abteilung Attacke. Erst in dieser Woche betonte Hamburgs Coach: „Wir müssen an die Leistungsgrenze gehen. Wenn wir das schaffen, werden wir das Spiel auch gewinnen.“ Worte, die Hecking vernommen hat. „Ich würde Tim Walter nicht widersprechen“, sagt er zunächst mit leicht süffisantem Unterton, gibt seinem Gegenüber dann aber weitestgehend Recht: „Wenn der HSV sein Potenzial auf den Platz bringt, ist er in der Regel gut genug, jeden Gegner zu schlagen. Auch wenn das System manchmal noch ein paar Aussetzer hat.“


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Ein kleiner Nadelstich gegen den Kollegen, der Hinweise auf Schwächen seines Spielsystems in der Regel als Beleidigung auffasst. Ohnehin wird es interessant zu beobachten sein, wie Hecking und Walter während der 90 Minuten am Seitenrand miteinander auskommen. Wird Nürnbergs Trainer zu seinem Pendant befragt, fällt ihm als erste Anekdoten nämlich folgende ein: „Wir haben ja gegeneinander gespielt. Ich erinnere mich an das 6:2 in Hamburg gegen Stuttgart.“ Im Oktober 2019 war das. Nie spielte der HSV unter Hecking besser und spektakulärer, nie kassierte der VfB mit Walter eine höhere Klatsche.

Hecking will als Vorstand weitermachen – darf er das auch?

Am Ende reichte es für den HSV dennoch nur zu Platz vier. „Ich hätte mich gefreut, wenn wir unter meiner Regie den Aufstieg geschafft hätten“, sagt Hecking. „Einen Verein wie den HSV in die Bundesliga zu führen, ist für jeden Trainer etwas Besonderes.“

Nun will Walter schaffen, woran seine Vorgänger Hannes Wolf, Daniel Thioune und Hecking verzweifelten. Der hat in Nürnberg andere Sorgen. Das jüngste 1:0 gegen Sandhausen diente zwar als perfekter Einstieg. Doch ob Hecking ab Sommer weiter als Sportvorstand arbeiten wird, hängt vom Verlauf der restlichen Saison-Monate ab. Große Lust hätte er, sagt aber: „Man muss sehen, wie das von der anderen Seite gesehen wird.“ Und soviel sei klar: „Wenn wir das gegen die Wand fahren, habe ich hier keine Zukunft als Sportvorstand, dessen bin ich mir total bewusst. Da muss man auch nicht lange rumeiern. Ich bin nicht Dieter-Hecking-geil, sondern schätze die Situation objektiv ein.“ In Nürnberg sagen sie dazu: Der Klassenerhalt müsste schon überaus souverän glücken, damit Hecking ab Sommer noch da ist. Ein wackliges Drinbleiben wäre wohl auch das Ende des Sportdirektors.

Hecking freut sich auf Rückkehr ins Volksparkstadion

Aber er hat es ja selbst in der Hand. Und gute Helfer. Christian Fiél, sein Assistent in Nürnberg, ist einer. Dirk Bremser, Heckings engster Vertrauter im Fußball-Business, ein anderer. Fast 20 Jahre lang arbeiteten die beiden Seite an Seite zusammen, auch in Hamburg. Fast wie ein altes Ehepaar. Mittlerweile ist Bremser Assistent bei Holstein Kiel, „aber er bombardiert mich mit Anrufen“, sagt Hecking lachend. „Von daher ist der Ehepartner ganz eng an meiner Seite. Aber ich kontaktiere auch ihn, weil er gegen alle Gegner schon gespielt hat. Er kann mir den einen oder anderen Tipp geben.“

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Hinweise vom Ex-Kollegen vor dem großen Treffen mit dem Ex-Verein. Wie es ausgehen wird, ahnt höchstens der Fußball-Gott, eines aber weiß der erklärte HSV-Fan Hecking vor seiner Rückkehr jetzt schon: „Wenn man in den Fußball verliebt ist, wie ich es bin, dann kann man sich auf diese Atmosphäre nur freuen.“ 

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