Analyse: Was bei St. Pauli schon gut läuft – und was noch fehlt
Die ersten 180 Minuten der neuen Saison liegen hinter dem FC St. Pauli. Wie bei allen Konkurrenten lieferten sie zu diesem frühen Zeitpunkt reichlich Erkenntnisse, und die fallen weit positiver aus, als viele Fans und Expert:innen im Vorfeld erwartet hatten. Nicht nur wegen der vier Punkte aus den Partien gegen die Aufstiegsaspiranten Nürnberg (3:2) und Hannover (2:2). Die MOPO analysiert, was schon gut funktioniert, wo es noch hapert und checkt den Kader auf mögliche Baustellen.
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Die ersten 180 Minuten der neuen Saison liegen hinter dem FC St. Pauli. Wie bei allen Konkurrenten lieferten sie zu diesem frühen Zeitpunkt reichlich Erkenntnisse, und die fallen weit positiver aus, als viele Fans und Expert:innen im Vorfeld erwartet hatten. Nicht nur wegen der vier Punkte aus den Partien gegen die Aufstiegsaspiranten Nürnberg (3:2) und Hannover (2:2). Die MOPO analysiert, was schon gut funktioniert, wo es noch hapert und checkt den Kader auf mögliche Baustellen.
Das ist bereits auf hohem Niveau: Leart Paqarada hat den Frust über den verpassten Aufstieg in frische Energie umgewandelt und legt los, als wäre nichts gewesen. Tor und Vorlage gegen Nürnberg, an beiden Treffern in Hannover beteiligt und kaum zu bremsen, gleichwohl die Gegner inzwischen um all seine Qualitäten wissen – der Linksverteidiger ist für den Kiezklub unersetzlich. Gleiches gilt für seinen Kapitäns-Kumpanen Jackson Irvine, der in seiner zweiten Saison an der Elbe nicht nur noch mehr Verantwortung schultert, sondern plötzlich auch als Schütze enorm wichtiger Tore (Führung gegen Nürnberg, Ausgleich in Hannover) auf den Plan tritt. Und Lukas Daschner bestätigte am Samstagabend, gleichwohl ohne Tor und Assist, seine starke Leistung vom Saisonstart, wirkt stabil, selbstbewusst und willens, den Verlust von Daniel-Kofi Kyereh schnellstmöglich vergessen zu machen.
Die wichtigste Erkenntnis der ersten Spiele: St. Paulis Mannschaft ist bereits eine
Überhaupt läuft vieles, das St. Pauli in der Vorsaison ausgezeichnet hat, trotz des personellen Umbruchs auch jetzt schon wieder sehr passabel. Das spielkulturelle Niveau ist hoch, etliche Abläufe sitzen bereits und vom Grundsatz her stimmt die mannschaftliche Arbeit gegen den Ball über weite Strecken. Und vor allem: Die Mannschaft ist eine! Eine Feststellung, die Timo Schultz nach dem späten Ausgleich in Hannover hervorhob: „Die Art und Weise, wie die Mannschaft an sich geglaubt hat, wie sie sich gepusht hat, das war schon richtig gut.“
Das ist ausbaufähig: Die Anzahl der individuellen Aussetzer muss minimiert werden. Dabei geht es nicht nur um folgenschwere Patzer wie den von Jakov Medic vor Nürnbergs zweitem Tor, sondern grundsätzlich um eine zu hohe Fehlerquote. Das betrifft zum einen den Aufbau (in Hannover hatte St. Pauli einige Ballverluste in gefährlichen Zonen), zum anderen den Offensivbereich. Dadurch waren die Braun-Weißen trotz spürbarer Dominanz in der zweiten Hälfte gegen Nürnberg lange ohne nennenswerte Abschlüsse geblieben, dadurch und durch passives Verhalten schenkte die Schultz-Elf den Vorteil der frühen Führung in Hannover her.
Chancen sind bei St. Pauli noch vergleichsweise Mangelware, einige Spieler haben noch Luft nach oben
Als „das Manko des Tages“ bezeichnete der Coach zudem, dass man sich bei 96 kaum klare Chancen herausgespielt habe. Was auch daran liegt, dass Manolis Saliakas auf der rechten Bahn noch nicht das gezeigt hat, was er in der Vorbereitung angedeutet hat. Dem Griechen muss man aber ebenso Zeit einräumen wie Dennis Smarsch im Tor. Nach den drei, vier Missverständnissen vom Nürnberg-Spiel hatte er in Hannover noch einen Bock drin, als ein Abstimmungsproblem mit Paqarada zu einem indirekten Freistoß im Strafraum geführt hatte. „Aber der war zum Glück nicht drin, darum müssen wir da nicht weiter drüber reden“, war Schultz erleichtert.
Verbliebene Baustellen im Kader: Eklatante Lücken klaffen im Grunde nirgends. Jede Position ist mindestens doppelt abgedeckt, und das auf hohem Niveau. Vor allem der im Vorjahr neuralgische Punkt auf der Sechs macht keine Sorgen mehr, weil selbst im Fall eines Ausfalls von Eric Smith in Afeez Aremu und Betim Fazliji gleich zwei starke Vertreter zur Stelle wären. Auch im Angriff ist St. Pauli nominell prima besetzt – doch da kommt die Frage des Anspruchsdenkens in Spiel.
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Mit Igor Matanovic und David Otto sind bereits zwei klare Zielspieler im Kader, ein Knipser der Güteklasse Guido Burgstaller aber sind beide (noch) nicht. Für höhere Ziele, und gegen die wehrt man sich auf dem Kiez gewiss nicht, ist eine Nachverpflichtung eines Neuners, der Klasse und Torgefahr bereits unter Beweis gestellt hat, wohl unverzichtbar.