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  • St. Pauli-Torwart Studt schnappt sich den Ball. Fast vier Jahre nach dem ersten Millerntor-Derby gewinnt der HSV allerdings auch im Dezember 1925 mit 6:2 auf dem Heiligengeistfeld
  • Foto: Archiv stahlpress Medienbüro

Schnee und Grand statt Rasen: So lief 1922 das erste Derby am Millerntor

Das erste Derby am Millerntor fand auf einem Grandplatz statt. Am Sonntag, den 15. Januar 1922 trafen sich die Fußballer des St. Pauli Turnvereins und der HSV bereits um 14 Uhr. Keine Stunde zu früh angesichts des Sonnenuntergangs um 16.28 Uhr.

Die Voraussetzungen waren ungleich: Der HSV hatte 1921 seine erste norddeutsche Meisterschaft gewonnen, St. Pauli war in Hamburgs höchster Liga eher eine Fahrstuhlmannschaft. Dass der Grandboden am Millerntor schneebedeckt war, schränkte die technische Überlegenheit der Gäste nur bedingt ein.

„Bei der Pause führten die HSV.er bereits 5:0 und selbst als sie nachher einer Verletzung ihres Linksaußen wegen mit 10 Mann weiterspielen mussten und zu keinen besonderen Leistungen mehr kamen, fielen noch zwei Tore“, fasste die „Deutsche Sport-Zeitung“ den 7:0-Sieg der Elf vom Rothenbaum zusammen.

Erstes Millerntor-Derby 1922: HSV siegt in Unterzahl auf Grand 7:0 

Wer quasi „live“ vom ersten Millerntor-Derby reportieren wollte, musste gut zu Fuß sein: Die nächsten Telegraphenämter, aus denen Berichte gesendet werden konnten, lagen in der Rambachstraße nahe den Landungsbrücken und in der heutigen Paul-Roosen-Straße im damals noch selbstständigen Altona. Live über Radiowellen lief Fußball erst knapp vier Jahre später.

Für den HSV lief der Topstar (und spätere Kriegsverbrecher) Otto „Tull“ Harder auf, doch sein Sturmkollege Ludwig „Luten“ Breuel stahl im die Schau. „Wenn Harder auch wesentlich in seiner Leistungsfähigkeit nachgelassen hat, Breuel hat sich umso mehr gebessert“, stellte „Turnen, Spiel und Sport“ fest: „Gegen St. Pauli war der unverwüstliche Kämpe auch ein überlegt spielender Angriffsmann, der mehr als einmal einen hübschen Angriff eigener Erfindung zurecht manöverierte.“

Erstes Millerntor-Derby: HSV nimmt den Schwung mit und wird fast Deutscher Meister

Dem schwach in die Saison gestarteten HSV verhalf der erste Derby-Auswärtssieg zu einem Aufschwung, zumal auch das Rückspiel am Rothenbaum im Februar 4:0 gewonnen wurde. Durch elf Siege in den nächsten 14 Spielen zog der HSV erstmals ins Endspiel um die Deutsche Meisterschaft ein. Dort spielten der 1. FC Nürnberg und der HSV zwei Marathon-Matches (2:2, 1:1), ohne einen Sieger zu finden. Der DFB erklärte die Hamburger zum Meister, der Verein verzichtete auf den Titel. 

Kurios: Die erste ganz große Erfolgssaison seiner Geschichte bestritt der HSV gleich unter drei Trainern. Richard Girulaitis, der Autor des Lehrbuchs „Fußball: Theorie, Technik, Taktik“, wurde kurz vorm Millerntor-Derby vom Ungarn Lajos Banyai abgelöst, der als Stürmer 1908 mit MTK Budapest Landesmeister geworden war.

Nach dem Derby: Der HSV wird Meister, St. Pauli schafft sich Rasen an

Banyai, der sich in Sachsen einen Namen als Trainer gemacht hatte und später mit Ujpest Budapest die renommiertesten europäischen Wettbewerbe gewinnen sollte, kündigte aber nach nur vier Monaten. Albert William Turner übernahm das Ruder. Unter dem einstigen Amateurboxer wurde der HSV 1923 ganz unumstritten Deutscher Meister und auch doppelter Derbysieger (4:0, 5:1). 

Derby 1925 Millerntor

Dichtgedrängt verfolgten die Zuschauer das Derby 1925 auf dem Heiligengesitfeld

Foto:

Archiv stahlpress Medienbüro

Aber auch für die Kontrahenten ging es nach dem allerersten Millerntor-Derby bergauf. St. Paulis Fußballer verloren nur noch das Derby-Rückspiel und gaben durch drei Siege und ein Unentschieden die Rote Laterne an Normannia Harburg ab. 1924 lösten sie sich vom Turnverein und firmierten fortan als FC St. Pauli. Im August 1925 wurde am Millerntor der erste Rasenplatz eingeweiht. 

Derby-Zuschauerrekord am Millerntor: Es riecht nach Wurst und Waffeln

Im Dezember 1925 fand das erste „grüne“ Derby auf dem Heiligengeistfeld statt. „Die klare Winterluft war erfüllt von den mehr oder minder reizvollen Düften der Waffel- und Wurstbuden, dazu der sinnverwirrende Lärm der Dommusik“, schildert „Turnen, Spiel und Sport“: „Das Spiel und höchstwahrscheinlich der sich anschließende Dombummel hatte eine sehr stattliche Zuschauerzahl angelockt. Der Millerntorplatz hat wohl noch nie so viele Zuschauer gesehen.“

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Bis in die Schlussphase hielt St. Pauli ein 2:2, als Heinrich Ziegenspeck dann aber in der 72. Minute zum 3:2 traf, kam der HSV ins Rollen und gewann noch 6:2.

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