Santiano-Show in Hamburg: Darum hatten die Fans echtes Glück
„Spätestens beim dritten Song schunkelst du mit,“, prophezeit der Kollege, kurz bevor Santiano die Bühne der Barclays Arena betreten. Und so ungern wir das der Konkurrenz zugestehen, er behält recht. Pünktlich zum dritten Lied springt nicht nur ein Großteil der 8000 Fans juchzend von den Stühlen – auch unsere Kritikerfüße wippen plötzlich im Takt mit. Dass die Fans heute zum Seemannsrock der siebenköpfigen Gruppe feiern können, ist echtes Glück.
„Spätestens beim dritten Song schunkelst du mit, automatisch“, prophezeit der Kollege vom „Abendblatt“ am Sonntag, kurz bevor Santiano die Bühne der Barclays Arena betreten. Und so ungern wir das der Konkurrenz zugestehen, er behält recht. Pünktlich zum dritten Lied des Abends („Salz auf unserer Haut“) springt nicht nur ein Großteil der mehr als 8000 Fans, die für die Shantyrock-Band gekommen sind, juchzend von den Stühlen – auch unsere eigentlich objektiv-distanzierten Kritikerfüße wippen plötzlich unerklärlicherweise im Takt mit.
Dass die Fans in Hamburg heute zum Seemannsrock der (in Live-Besetzung) siebenköpfigen Gruppe feiern können, ist echtes Glück – zuvor musste in anderen Städten eine Handvoll Konzerte abgesagt werden, da erst Gitarrist Timm Hinrichsen, dann Frontmann Björn Both krank wurden. Doch in Hamburg waren alle wieder fit und wirkten nicht, als fehle es ihnen noch an Energie.
Santiano in Hamburg: Shantyrock-Reise von der Nordsee zum Nordpol
Die Band bewies, dass sie aus exzellenten Musikern besteht, die zudem stets das Gefühl vermitteln, wirklich gerne zusammen zu spielen. Selbst in der großen Arena schaffen Santiano es, eine erstaunliche Nähe zu den Fans herzustellen und auf Augenhöhe mit dem Publikum zu bleiben. Trotz der aufwändigen Bühnentechnik mit Licht- und Videoeffekten hat man das Gefühl, diese Show könnte problemlos, genauso launig, auch auf einem Flensburger Scheunenfest funktionieren. Und vermutlich würde sie es.
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Man kann, wenn man denn unbedingt möchte, das Genre des Shantyrocks mit seinem schamlosen Pathos belächeln. Man kann aber auch staunend zusehen, wie Tausende Menschen mit bester Laune zu mitreißenden Melodien die Arme schwenken. Und das Thema der Seefahrt bietet der Band schier unendlichen Spielraum, was Deutungsmöglichkeiten und Metaphern angeht. Zusammenhalt, Hoffnung, Stürme überstehen und in sicheren Häfen ankommen („unser Heimathafen ist natürlich in euren Herzen!“, ruft Björn Both den Fans zu). Da dürften die Songideen wohl niemals ausgehen.
Barclays Arena: Santiano stellen die Songs ihres neuen Albums vor
Der einzige Haken an der wirklich durchgehend unterhaltsamen und warmherzigen Show war das Datum: Während sich an diesem warmen Maisonntag die Hamburger tagsüber auf den Balkonen in der Sonne geaalt hatten, hieß es abends bei Santiano „Wenn die Kälte kommt“. Schließich wurden auf dieser Tour erstmals Songs des gleichnamigen Albums live gespielt – und die Platte erschien im Herbst 2021. Auch die Tour sollte – bevor Corona dem einen Strich durch die Rechnung machte – ursprünglich in der kalten Jahreszeit stattfinden. Was soll’s: „Fröhliche Weihnachten“, ruft Both lachend in die Menge. Immer wieder macht er deutlich, wie glücklich die Band ist, nun überhaupt wieder spielen zu dürfen.
Die neuen Songs funktionieren übrigens bestens: „Nichts als Horizonte“, „Graubart“ und das bewegende „Nicht umsonst gelebt“ kommen beim Publikum ausgezeichnet an. „Wellermann“, ein Shanty, der überraschend im letzten Jahr auf TikTok zum Hit wurde, ließ die Menge sofort begeistert mitklatschen. Nach vier Zugaben und knapp über zwei Stunden schickte die Band ihre Zuhörer dann in die heimischen Häfen. Und die waren sichtlich ebenso glücklich wie die Band, dass dieses rundum gelungene Konzert nun endlich stattfinden konnte. (wt)