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  • Foto: picture alliance/dpa

„Kontoschnüffelei“: Schufa will an Bankdaten von Verbrauchern

Wiesbaden –

Ein Angebot der Schufa, die Zahlungsfähigkeit von Verbrauchern künftig auch anhand von deren Kontoauszügen zu bewerten, sorgt für Wirbel. Die Auskunftei testet derzeit nach eigenen Angaben, ob Verbraucher bereit sind, die für die Bewertung relevanten Kontodaten für zwölf Monate bei der Schufa speichern zu lassen. Einige Politiker und Verbraucherschützer sind entsetzt.

Aktuell läuft zudem ein dreimonatiger Test in Zusammenarbeit mit dem Mobilfunkkonzern Telefónica/O2. Mögliche Neukunden, die aufgrund ihrer schlechten Bewertung normalerweise keinen Handyvertrag bekommen würden, können sich von der Schufa auf ihr Konto schauen lassen. Dazu müssen sie der Schufa zufolge ausdrücklich einen Auftrag erteilen. Zuvor hatten NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ darüber berichtet.

Verbraucherzentrale: „Kontoschnüffelei“

Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands warf der Schufa „Kontoschnüffelei“ vor. „Eine solch tiefe Datenauswertung der Kontobewegungen für Scoringzwecke erlaubt Rückschlüsse auf Persönlichkeit, wirtschaftlichen Status und selbst politische Orientierungen der Kunden und führt damit letztlich zum vollkommen durchleuchteten Verbraucher.“ Man prüfe rechtliche Schritte für den Fall, dass die Auskunftei diese Pläne umsetzt.

Schufa-Vorstand Schröder betonte: „Sensible Daten wie beispielsweise die Bezahlung einer Arztrechnung werden automatisch herausgefiltert und dürfen nicht verarbeitet werden.“ Die gespeicherten Kontodaten beschränken sich nach Auskunft des Unternehmens ausschließlich auf relevante Daten zur Bonitätsbewertung und Betrugsbekämpfung.

Privates Unternehmen mit Einblick in Arztrechnungen?

Mit der freiwilligen Daten-Speicherung könne der Verbraucher weitere zukünftige Kontozugriffe durch Dritte vermeiden und seine Daten dennoch für ihn vorteilhaft in eine Schufa-Bonitätsbewertung einfließen lassen. Die Kontoanalyse finde nur einmal bei der Schufa statt. „Ziel ist es, dass Verbraucher von aktuellen positiven Kontoinformationen auch für zukünftige Transaktionen und Bonitätsabfragen profitieren können“, sagte Schröder. „Die Daten sind dadurch aktueller, und wir erfüllen so auch Forderungen von Verbraucherschützern.“

Für Verbraucher, die keinen Auftrag zum Einblick ins Konto erteilten, bleibe es bei der klassischen Bonitätsprüfung, sagte Schröder. „Fällt die Bewertung nach den Kontodaten negativ aus, kann der Verbraucher seine Einwilligung widerrufen.“ Es bleibe dann bei der klassischen Bonitätsprüfung. „Aus unserer Sicht ist es für Verbraucher besser, die Schufa sammelt als neutrale Instanz die Daten treuhänderisch, als Unternehmen, die damit unmittelbar Geschäfte machen.“

Justizministerium: „Werden uns das genau anschauen“

Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte, dieses neue Geschäftsmodell werfe rechtliche Fragen auf. Daher werde sich das Ministerium, das davon erst jetzt erfahren habe, dies „genau anschauen“. Schließlich gehe es hier um „besonders sensible Daten“, und die Verbraucher müssten stets in der Lage sein zu verstehen, wofür sie jeweils ihre Einwilligung erteilen.

Die Grünen-Politiker Tabea Rößner und Konstantin von Notz, kritisierten, die Schufa habe bereits heute Zugriff auf weitreichende Informationen über die Verbraucher, „die selbst nach wie vor nicht nachvollziehen können, wie und auf welche Weise diese Daten für den persönlichen Score gewichtet werden“.

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Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae sagte, es sei alarmierend, dass die Schufa Kontoauszüge der Verbraucher durchleuchten wolle. „Für niedrigere Preise und mehr Möglichkeiten im Rechtsverkehr sollen die Bürger mit ihren Daten bezahlen.“ Wenn Bürger am Ende nur durch die Einwilligung in diese Datenverarbeitung durch die Schufa einen Handy- oder Mietvertrag abschließen könnten, hätten sie faktisch keine freie Wahl mehr.

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