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  • Die Zahl der gewalttätigen Übergriffe gegen Journalisten ist vor allem wegen den sogenannten „Querdenkern“ angestiegen. 
  • Foto: picture alliance/dpa

Gewalt und Pöbeleien: Pressefreiheit in Gefahr – was „Querdenker“ damit zu tun haben

Berlin –

Immer häufiger sind Journalisten Beleidigungen, Pöbeleien und sogar körperlichen Übergriffen ausgesetzt. Im Corona-Jahr 2020 hat sich die Zahl der gewalttätigen Angriffe gegen sie verfünffacht. Besonders am Rande von Corona-Demonstrationen kommt es immer häufiger zu Attacken. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (RSF) spricht von einem „deutlichen Alarmsignal“.

Zum ersten Mal ist Deutschland aus der Spitzengruppe der „Rangliste der Pressefreiheit“ der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ herausgefallen. „Aufgrund der vielen Übergriffe auf Corona-Demonstrationen mussten wir die Lage der Pressefreiheit in Deutschland von „gut“ auf nur noch „zufriedenstellend“ herabstufen: ein deutliches Alarmsignal“, erläuterte RSF-Vorstandssprecher Michael Rediske in der am Dienstag in Berlin veröffentlichten Bilanz. Deutschland rangiert im Vergleich von 180 Ländern auf dem 13. Platz. Im Vorjahr hatte die Bundesrepublik zwei Plätze höher gelegen. Nach vergleichbarer Methodik gibt es die Aufstellung seit dem Jahr 2013.

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Gewalt gegen Medienschaffende erreicht „noch nie da gewesene Dimension“

„Hauptgrund dieser Bewertung ist, dass Gewalt gegen Medienschaffende in Deutschland im Jahr 2020 eine noch nie da gewesene Dimension erreicht hat“, begründete die Organisation ihre Herabstufung. Im Kalenderjahr 2020 zählte RSF mindestens 65 gewalttätige Angriffe gegen Journalisten im Land. „Damit hat sich die Zahl im Vergleich zum Jahr 2019 (mindestens 13 Übergriffe) verfünffacht.“ Die Organisation geht ferner davon aus, dass die Dunkelziffer 2020 höher war als früher.

Die Mehrheit der körperlichen und verbalen Angriffe ereignete sich laut den Angaben der Reporter-Organisation auf oder am Rande von Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen. „Journalisten wurden geschlagen, getreten und zu Boden gestoßen, sie wurden bespuckt und bedrängt, beleidigt, bedroht und an der Arbeit gehindert. Mehr als drei Viertel aller körperlichen Angriffe ereigneten sich auf oder am Rande von Demonstrationen, darunter neben den Corona-Protesten zum Beispiel auch auf Demos gegen das Verbot der linken Internetplattform linksunten.indymedia.org und auf Demos zum 1. Mai“, bilanziert RSF.

Trump, Bolsonaro, Maduro: Staatschef verbreiten in Pandemie-Zeiten Desinformationen 

Noch nie seit Beginn der fortlaufenden Statistik hat es so wenige Länder gegeben, in denen RSF die Lage der Pressefreiheit als „gut“ bewertet hat. Ihre Zahl sank von 13 auf 12; Schlusslichter bleiben mit kleineren Verschiebungen China, die Ex-Sowjetrepublik Turkmenistan in Zentralasien, Nordkorea und das afrikanische Eritrea.

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Mit dieser Karte stellt die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ die Lage der Pressefreiheit in den einzelnen Ländern farblich dar. 

Foto:

dpa

Zahlreiche Regierungen sowie Staats- und Regierungschefs hätten zum Thema Corona Desinformation verbreitet, prangerte RSF an. Der damalige Präsident der USA, Donald Trump, propagierte demnach ebenso wirkungslose oder sogar gefährliche Mittel gegen Covid-19 wie seine Amtskollegen Jair Bolsonaro in Brasilien oder Nicolás Maduro in Venezuela. Die USA liegen in der Statistik auf Platz 45 (Vorjahr: 46), Österreich auf Platz 17 (18) und die Schweiz auf Platz 10 (8). Am besten schneiden laut Statistik Norwegen, Finnland und Schweden ab.

Zahlreiche Medienschaffende wegen Corona-Berichterstattung festgenommen

Die Pandemie verstärkte und festigte laut RSF weltweit repressive Tendenzen: „In so unterschiedlichen Staaten wie China, Venezuela, Serbien und dem Kosovo wurden Medienschaffende wegen ihrer Corona-Berichterstattung festgenommen“, so das Fazit der globalen Umfrage.

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In China sitzen mehr als 100 Medienschaffende im Gefängnis, mehr als in jedem anderen Land der Welt. „Wenn die Welt nun hoffentlich bald zur Normalität zurückkehrt, muss auch der Respekt für die unabdingbare Rolle des Journalismus für eine funktionierende Gesellschaft zurückkehren“, forderte Rediske. (dpa/prei)

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