Queen Uganda Commonwealth
  • Die Queen bei einem Besuch im Commonwealth-Land Uganda 2007.
  • Foto: picture alliance/dpa

Commonwealth, Kolonial-Vergangenheit: Wird der Queen-Tod zum historischen Wendepunkt?

Während Tausende in Schottland bei der Prozession Abschied von der Queen genommen haben und die Briten sich von heute an von ihrer aufgebahrten Königin verabschieden können, bewegt sich einiges. Der Tod der Monarchin könnte zum Wendepunkt werden – und nicht nur das Ende des Commonwealth einläuten, sondern auch ein neues Kapitel in der britischen Vergangenheitsbewältigung aufschlagen. 

Fünf Tage nach dem Ableben Elizabeths II. ist einiges aufgewirbelt, was bisher unter der Oberfläche rumorte. Während Menschen weit über die Grenzen Großbritanniens um die „ewige Königin“ trauern, ist anderen so gar nicht danach. Insbesondere in den sozialen Netzwerken häufen sich die Stimmen derer, die vor allem den großen Schatten sehen, der auf Elizabeths Andenken liegt: der der erdrückenden Kolonialvergangenheit des ehemaligen Empires. Statt als pflichtbewusste, emsige Königin wird die Verstorbene hier vor allem als Sinnbild für Kolonialverbrechen gesehen.

Kritik nach Tod von Queen Elizabeth II.

So sorgte die nigerianisch-amerikanische US-Professorin Dr. Uju Anya auf Twitter für Aufsehen, als sie der im Sterben liegenden Regentin „unerträgliche Schmerzen wünschte“ und ausführte, dass sie für die Queen, „die einer Regierung vorstand, die den Völkermord unterstützte, durch den die Hälfte meiner Familie massakriert und vertrieben wurde und dessen Folgen die heute Lebenden immer noch zu überwinden versuchen“, nur Verachtung habe. Eine Kenianerin twitterte: „Die meisten unserer Großeltern wurden unterdrückt. Ich kann nicht trauern.“

Die Vorwürfe richten sich zum einen gegen die britische Monarchie insgesamt, die nach wie vor keinen richtigen Weg der Vergangenheitsbewältigung gefunden hat, zum anderen  auch gegen Elizabeth II. selbst. So wurden während ihrer Amtszeit weiter Kolonialverbrechen begangen und zeit ihres Lebens hat sie es versäumt, sich zu dem Thema klar zu positionieren, Reue für die Vergangenheit zu zeigen.

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Historisch zentral ist vor allem die brutale Niederschlagung der Unabhängigkeitsbewegung der Mau-Mau Anfang der 50er Jahre in Kenia. In der einstigen Kolonie wurden mehr als 10.000 Kenianer von den Briten getötet, ganze Familien in Sippenhaft genommen, Folterungen durchgeführt. 2011 zogen ehemalige kenianische Folteropfer vor Gericht gegen die britische Regierung, brisante Akten offenbarten damals abscheuliche koloniale Gräueltaten und lösten in der Öffentlichkeit eine Debatte über Schuld und Aufarbeitung aus.

Queen Elizabeth II. reiste häufig in die Commonwealth-Länder

Von der Queen damals kein Statement. Stattdessen galten die Commonwealth-Besuche als eine ihrer liebsten Aufgaben. Im offenen Wagen fuhr sie durch die ehemaligen Kolonien, ließ sich von den Untertanen in aller Welt bejubeln. Der Tod der Monarchin könnte für den Nationenbund Commonwealth, der seit 1931 in verschiedenen Formen besteht, nun einen Wendepunkt bedeuten, die letzten Reste des Empires beseitigen.

Vor allem in der Karibik ist Loslösung seit Jahren Thema. Barbados erklärte sich Ende 2021 zur Republik, bleibt allerdings Commonwealth-Mitglied. Auch Jamaika spielt schon länger mit dem Gedanken, sich zur Republik zu erklären. In Australien fachte der Tod der Queen die Diskussion um die Staatsform neu an. Grünen-Chef Adam Bandt beendete seine Beileidsbekundung mit dem Satz: „Wir müssen eine Republik werden.“ Die Labor-Regierung sprach zuletzt im Juni davon, die Australier erneut über ein Ende der Monarchie abstimmen zu lassen. Eher zögerlich zeigt sich hingegen Neuseeland: Hier gab es bislang keine formalen Schritte.

Wie wird König Charles III. mit der kolonialen Vergangenheit umgehen?

Neben der Zukunft des Commonwealth ist es aber auch der Umgang mit der kolonialen Vergangenheit, der den neuen König herausfordern wird. So sahen sich Prinz William und Herzogin Kate bei ihrem Karibik-Besuch Anfang des Jahres mit Kritik und zahlreichen Demonstranten konfrontiert, die eine Entschuldigung für Kolonialverbrechen forderten.

Dass mit Charles III. tatsächlich einiges anders werden könnte, zeigte bereits seine Rede zu Barbados’ Lösung von der britischen Krone. Der damalige Kronprinz sagte: „Aus den dunkelsten Tagen unserer Vergangenheit und der entsetzlichen Grausamkeit der Sklaverei, die unsere Geschichte für immer befleckt, haben sich die Menschen dieser Insel mit außerordentlicher Tapferkeit ihren Weg gebahnt.“

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