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Der schiefe Turm in Suurhusen.
  • Der schiefe Turm in Suurhusen.
  • Foto: dpa

Weltrekord futsch: „Schiefster Turm” steht nicht länger im Norden

Eine Nachkommastelle macht den Unterschied: Der „schiefste Turm der Welt” steht seit Sonntag nicht länger in Suurhusen in Ostfriesland. Ein Wehrturm in der Gemeinde Gau-Weinheim im Landkreis Alzey-Worms in Rheinland-Pfalz ist noch ein wenig schiefer, wie eine Messung ergab – genauer gesagt 0,23 Grad. Das Rekord-Institut für Deutschland (RID) erkannte diesen Spitzenwert nun offiziell an. Zum Tag des offenen Denkmals wurde der rheinhessischen Gemeinde dafür nun die Weltrekord-Urkunde überreicht.

Der Kirchturm in Suurhusen im Landkreis Aurich war vor 15 Jahren von Guinness World Records Deutschland als „schiefster Turm der Welt” ausgezeichnet worden. Der rund 27 Meter hohe Turm der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde aus dem 13. Jahrhundert neigt sich um 5,19 Grad oder 2,47 Meter nach Westen. Der mittelalterliche Wehrturm in Gau-Weinheim kommt sogar auf 5,4277 Grad Neigung.

Eine Fahne hängt am „schiefen Turm“ von Gau-Weinheim. Durch die Neigung von 5,4277 Grad gilt der ehemalige Wehrturm der kleinen Gemeinde in Rheinland-Pfalz nach Einschätzung des Rekord-Instituts für Deutschland (RID) als „schiefster Turm der Welt“. dpa
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Eine Fahne hängt am „schiefen Turm“ von Gau-Weinheim. Durch die Neigung von 5,4277 Grad gilt der ehemalige Wehrturm der kleinen Gemeinde in Rheinland-Pfalz nach Einschätzung des Rekord-Instituts für Deutschland (RID) als „schiefster Turm der Welt“.

Schiefster Turm steht schon lange nicht mehr in Pisa

„Der offiziell schiefste Turm der Welt ist seit einigen Jahren nicht mehr der in Pisa, auch wenn der Volksmund noch immer etwas anderes behauptet”, sagte RID-Rekordrichter Olaf Kuchenbecker. Bereits 2007 sei Pisa durch den Turm in Suurhusen abgelöst worden. „Ich freue mich sehr, den Weltrekord heute persönlich zu zertifizieren und die Ortsgemeinde mit einer RID-Rekordurkunde auszuzeichnen.”

Bislang kamen Tausende Besucherinnen und Besucher jedes Jahr nach Suurhusen, um den schiefen Kirchturm zu bestaunen – entsprechend stolz sind die Ostfriesen auf ihren markanten Kirchturm. Den Verlust des Titels nimmt die Kirchengemeinde mit ein bisschen Wehmut, aber auch gelassen. „Das ist ein fairer Wettbewerb und nur einer kann gewinnen, das ist nun mal so”, sagte der Pastor der Kirchengemeinde Frank Wessels auf Anfrage. „Wir haben 15 Jahre lang den Titel getragen mit Stolz und mit Würde. Und wenn jetzt jemand anderes nachweisen kann, das dort der schiefste Turm steht, dann akzeptieren wir das und gratulieren von ganzem Herzen.”

Darum ist der Kirchturm schief

Der Grund für die Schieflage des Suurhusener Kirchturmes liegt in den dicken Eichenstämmen, die das Fundament des Bauwerks bilden. Als im 19. Jahrhundert die benachbarten Ländereien trockengelegt wurden, sank der Grundwasserspiegel, die Stämme wurden morsch. Touristen, die mit dem Auto über Emden an die Nordseeküste fahren, kommen über die Bundesstraße 210 zwangsläufig direkt an dem auffällig schrägen Turm vorbei. Auch ohne den Titel werde die Aufmerksamkeit für den schiefen Turm der Kirchengemeinde daher wohl bleiben, mutmaßte Wessels.

In den vergangenen Jahren habe es immer wieder Einwände aus dem In- und Ausland gegeben, dass der schiefste Turmwohl nicht in Suurhusen stehen könnte, berichtete der Pastor. Nachgemessen und ein Rekord offiziell anerkannt wurde an anderen Türmen aber nicht – bis jetzt.

Kann der Kirchturm noch schiefer werden?

„Wenn nun ein anderer gewinnt, können wir das gut verkraften”, sagte Wessels. Auch wenn der Rekord in Rheinland-Pfalz nun von einem anderen Rekord-Institut anerkannt wurde, sei der Turm in Suurhusen seines Wissens nach noch immer der schiefste Kirchturm der Welt. Und: „Wir sind immer noch schiefer als Pisa”, betonte Wessels. Die prominente italienische Konkurrenz sei weltweit das Maß der Dinge – dabei hat der Turm dort gerade mal eine Neigung von 4,95 Grad.

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Hoffnung, dass der Suurhusener Kirchturm den Turm in Gau-Weinheim bei der Neigung nochmal überholen könnte, gibt es übrigens kaum. Jedes Jahr vermessen Studierende der Hochschule Magdeburg/Stendal das Bauwerk. Das Ergebnis: Seit zehn Jahren Messungen ist die Schieflage des Turms stabil. „Das ist ja auch gut so, denn wenn er immer schiefer werden würde, würde irgendwann auch mal ein kritischer Punkt kommen”, sagte Pastor Wessels. (mp/dpa)

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