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  • Foto: Friel

Unverpackt-Laden auf dem Land: Kann das wirklich funktionieren?

Ludwigslust –

Er ist klein, fast winzig und dennoch fällt er auf, wenn man die Schloßstraße in Ludwigslust entlanggeht: „Lulu Unverpackt“ ist der erste verpackungsfreie Laden der Stadt, der zweite in ganz Mecklenburg-Vorpommern. Auch wenn Ludwigslust zur Metropolregion Hamburg gehört, ist es eher ländlich gelegen und die Frage, ob ein neues Konzept wie das des verpackungsarmen Einkaufens dort Absatz findet, durchaus berechtigt. Die MOPO hat die Geschäftsführerinnen gefragt, wie ein Unverpackt-Laden auf dem Land funktioniert und woher sie ihre Motivation nehmen.

Wenn man „Lulu Unverpackt“ betritt, fallen einem sofort die hohen Glasbehälter an den Wänden ins Auge, in denen verschiedene Nuss-, Nudel- und Getreidesorten darauf warten, abgefüllt und mitgenommen zu werden.

Daneben stehen Samen, Süßigkeiten, Milchprodukte, Backwaren, Gemüse und vegane Brotaufstriche, aber auch Glastrinkflaschen, kompostierbares Klebeband und Geschenkpapier aus Gras.

Unverpackt-Laden in Ludwigslust-Parchim: Über 400 Produkte zur Auswahl

Im hinteren Teil des Geschäfts findet man Reinigungsmittel zum Abfüllen und Pflegeprodukte wie Seifen – alles ohne Plastikverpackung. Eine unerwartet große Auswahl für einen 28 Quadratmeter großen Laden. „Wir haben mittlerweile über 400 Produkte und es werden immer mehr“, erzählt Geschäftsführerin Szuzsa Kiss stolz.

Ann-Dörthe Holst und Zsusza Kiss

Ann-Dörthe Holst (l.) und Zsuzsa Kiss sind die Gründerinnen und Geschäftsführerinnen von „Lulu Unverpackt“. Kiss gab für den Laden sogar ihren Job bei einem Bildungsträger auf.

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Friel

Die 47-Jährige hat für den Laden ihren Job bei einem Bildungsträger aufgegeben. Angst davor, dass sie mit ihrem Geschäft scheitern würde, hatte sie nicht.

„Zum Glück habe ich nicht nur einen Mann, der mich finanziell sehr unterstützt. Meine Geschäftspartnerin Ann-Dörthe Holst führt ihren Job als Ärztin trotz des Ladens weiter und so sind wir abgesichert.“

Für den Unverpackt-Laden gab Zsuzsa Kiss ihren Job auf

Trotzdem gehört jede Menge Optimismus dazu, seinen Job für ein Geschäft mit einem völlig neuen Konzept in einer so kleinen Stadt in Westmecklenburg aufzugeben. Sowohl an Optimismus, als auch an Motivation fehlt es den beiden Gründerinnen aber nicht.

„Klar hatten wir anfangs Zweifel, aber kurz nachdem wir es Freunden, Eltern und Bekannten erzählt haben, zerstreuten sich unsere Bedenken angesichts ihrer Begeisterung“, berichtet Holst.

Ultimatum für Unverpackt-Laden: Geschäftsführerinnen geben sich zwei Jahre

Dennoch haben sich Kiss und Holst ein Ultimatum gesetzt. „Wir haben uns zwei Jahre gegeben, um zu gucken, ob das überhaupt läuft“, so Zsuzsa Kiss. „Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich sagen: Es läuft. Es kann aber noch besser werden. Ich glaube, viele haben noch nicht erkannt, wie breit wir aufgestellt sind.“

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Überrascht sind die Gründerinnen von ihrer Zielgruppe. „Wir hätten erwartet, dass hauptsächlich junge Leute kommen, da vor allem sie sich für Klimaschutz einsetzen wollen. Tatsächlich sind unsere Kunden aber überwiegend älter“, berichtet Kiss.

Sie vermutet, dass die ältere Kundschaft das persönliche Einkaufen einem anonymen Discounter vorzieht und der Laden Erinnerungen an die „Tante-Emma-Geschäfte“ von früher weckt.

Ludwigslust: Unverpackt-Laden will sich in mecklenburgischer Kleinstadt behaupten

Die beiden Gründerinnen stehen zumeist selbst hinter der Kasse ihres Ladens. Die persönlichen Gespräche und die Beziehungen zu den Kundinnen und Kunden schätzen sie besonders.

Lulu Unverpackt von außen

Klein, aber nicht unscheinbar: Mit ihrem Geschäft wollen Zsuzsa Kiss und Ann-Dörthe Holst beweisen, dass Unverpackt-Läden auch in einer mecklenburgischen Kleinstadt funktionieren können.

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Friel

Die Beweggründe, das Geschäft zu eröffnen, waren aber andere. „Ludwigslust hat im Mai 2019 als zweite Stadt in Deutschland den Klimanotstand ausgerufen. Bis zum Herbst hat sie aber keinerlei Beschlüsse oder Taten folgen lassen“, kritisiert Ann-Dörthe Holst. „Deshalb haben wir im Juni den Laden eröffnet. Hier kann jeder unkompliziert etwas für unsere Umwelt und Zukunft tun.“

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Laut Holst gibt es viele innovative Ideen zur Vermeidung von Plastikverpackung, die unbedingt bekannt gemacht werden sollten. Und auch für den Laden haben die beiden Frauen noch viele Pläne, wie Kiss verrät.

Sie spricht von einer Kaffeeecke – die Kaffeemaschine ist schon gekauft – , von Plastikfrei-Challenges, von einer Suppenküche und einer Smoothiebar, in denen das Gemüse und Obst verarbeitet werden soll, das zu alt ist, um es lose zu verkaufen.

Und nebenbei sind die Ludwigslusterinnen auch immer auf der Suche nach neuen Lieferanten. Die Voraussetzung: Sie müssen Bio sein und am besten aus der Region. So kommen Brot und Gemüse von „Hof Medewege“ in der Landeshauptstadt Schwerin, das Obst wird von „Danis Saftladen“ in einem Dorf nahe Ludwigslust geholt und die Eier von der „Mecklenburger Landpute“. Nur das Olivenöl und die passierten Tomaten kommen aus Italien – auch sie haben Bio-Qualität.

Metropolregion Hamburg hat seit Juni neues verpackungsfreies Geschäft

Und wenn sie zu ihrer Familie nach Ungarn fährt, erzählt Zsuzsa, dann bringt sie von dort Seife und spezielle Nudelsorten mit – keine Fahrt umsonst.

Einen Unverpackt-Laden in einer Kleinstadt in einem Bundesland eröffnen, in dem der Bedarf dafür bisher nicht besonders groß gewesen zu sein scheint? Zsuzsa Kiss und Ann-Dörthe Holst zeigen, dass es sich lohnt, es zu probieren – mit viel Optimismus, Mut und ein bisschen Kühnheit.

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