Mann und Frau gehen ein Waldweg entlang.
  • Die Wanderlust ist seit Corona stark gestiegen. Auch im flachen Norddeutschland (Symbolbild).
  • Foto: picture alliance / Matthias Bein

Von Amerika nach Russland wandern: Im Norden geht das!

Niedersachsen ist reich an kleinen und großen Wanderabenteuern. Und die führen schon lange nicht mehr nur durch Mittelgebirge wie den Harz oder das Weserbergland. Auch flache Landstriche im Nordwesten werden bei Wanderlustigen zunehmend beliebter.

„Das Wandern ist niedrigschwelliger geworden“, sagt Alexander Bleifuss vom Tourismus Marketing Niedersachsen. „Auch für jene, die das sonst gar nicht auf dem Schirm hatten.“ Dieser Prozess sei durch die Corona-Pandemie noch befeuert worden. Im Vorteil seien Regionen, die sich in den vergangenen Jahren gut aufgestellt hätten. So wie der Touristikverband im Landkreis Rotenburg, der 24 „Nordpfade“ etabliert hat.

„Wir haben große zusammenhängende Wälder, Moore und spannende Dörfer“, sagt Udo Fischer vom Touristikverband. „Die Nordpfade sind zu einer Marke geworden. Jeder Pfad hat ein Gesicht und einen Namen.“ Fünf der zumeist naturbelassenen Wege wurden vom Deutschen Wanderverband als Qualitätswege zertifiziert. Die Rotenburger achten darauf, Radler und Wanderer auf jeweils eigenen Routen zu führen.

Von Russland nach Amerika in sieben Kilometern

Auf das „Spazierwandern“ über alte Kirchwege setzt das Ammerland in der Wesermarsch. Dort gibt es etwa den Wemkendorfer Wasserweg oder den Moorweg mit Einblicken in Jahrtausende alte Torfschichten. In den vergangenen Monaten seien auch verstärkt Einheimische auf Entdeckertour gegangen, sagt Frank Bullerdiek von der Ammerland-Touristik.

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„Wandern hat kein angestaubtes Image mehr“, sagt auch Wiebke Leverenz von der Ostfriesland Touristik. „Auch junge Leute wandern.“ Beliebtester Fernweg in der Region an der Küste ist der 97 Kilometer lange Ostfriesland-Wanderweg. Er verläuft auf einer ehemaligen Kleinbahntrasse zwischen Rhauderfehn und dem Küstenort Bensersiel.

Beliebt sind auch Rund-Routen – etwa die Tour ums „Ewige Meer“, einem der vielen Binnenseen der Region. Viele Seen locken mit Strandclubs, Abenteuerspielplätzen und Wassersportanlagen. Und weniger sportliche Menschen schaffen auch den sieben Kilometer lange Rundweg von Russland nach Amerika – die beiden Flecken liegen in der Gemeinde Friedeburg.

Tradition im Osnabrücker Land

Eine hundertjährige Wandertradition zeichnet das Osnabrücker Land aus. Vor fünf Jahren wurde das Wegenetz generalüberholt, heute gibt es in dem Unesco Geo-Park alleine 82 sogenannte Terra Tracks. Der Park bietet neben diversen Flora-Fauna-Habitat-Gebieten 400 Geotope, die die Entwicklung der Erde widerspiegeln – manche sind einfach, andere anspruchsvoll, so wie der Weg zum „Musenberg“, auf dem laut Terra-Track-Expertin Sabine Böhme allein auf sechs Kilometern 230 Höhenmeter überwunden werden müssen. Durch das Osnabrücker Land schlängeln sich zudem Fernwanderrouten wie der Ahorn-, Diva- und Mühlenweg. „Wir überarbeiten jetzt den Diva-Walk, der sich um Dinosaurier dreht, 2022 den Mühlenweg“, sagt Böhme.

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Die Grafschaft hat ihre Wanderwege vor fünf Jahren unter dem Motto „Spurensuche“ umgekrempelt. „Wir haben 320 Kilometer durch die ganze Region neu ausgeschildert“, sagt die Touristikerin Sonja Scherder. Wanderer können einen Tagesausflug auf den Spuren der Bentheimer Schafe machen, einer alten Haustierrasse, oder in einem wiedererweckten Hutewald auf Tuchfühlung mit Weidetieren gehen. Die Angebote ziehen vermehrt junge Leute auf die vor allem naturbelassenen Wege.

Wildpferde und Moorpfade im Cuxland

„Die Wingst ist innerhalb des Cuxlandes die Region mit dem größten Angebot an Wanderrouten“, sagt Stefanie John von Zydowitz von der Cuxland-Touristik. Beliebt sind dort der Rundweg um den See von Bad Bederkesa und das Naturschutzgebiet Küstenheiden. Wo einst Soldaten zum Manöver ausrückten, tummeln sich heute Wisente und Wildpferde. Die Wanderangebote rund um das Moorerinformationszentrum Ahlenmoor werden derzeit generalüberholt.

Tretboote am Bederkesa See. Der Rundweg um ihn herum wird immer beliebter. picture alliance / Carmen Jasper
Tretboote am Bederkesa See
Tretboote am Bederkesa See. Der Rundweg um ihn herum wird immer beliebter.

Die Wenden gaben dem Wendland seinen Namen, die zum Slawischen zählende Sprache ist längst ausgestorben. Dennoch haben die Ureinwohner ihre Spuren hinterlassen, unter anderem durch die Rundlingsdörfer, in denen sich die Häuser kreisförmig um den Dorfplatz gruppieren. Neben schönen Haussprüchen schmücken die Giebel Blumenmuster, einst die Visitenkarte der dort tätigen Handwerker.

Der 17 Kilometer lange Rundlingsweg etwa führt durch fünf pittoreske Dörfer inklusive Rundlingsmuseum und Künstlerateliers. Beliebt sind zudem Esel-Trips, etwa durch das Naturschutzgebiet Nemitzer Heide. Im Wendland startete auch Ministerpräsident Stephan Weil (SPD)nMitte Juni seine Wandertour, auf der er zum 75-jährigen Bestehen des Landes Niedersachsen an fünf Tagen insgesamt 75 Kilometer absolvierte.

Lüneburger Heide: Schnucke auf den Fersen

„Viele Gäste aus den umliegenden Großstädten Hamburg, Bremen und Hannover entdecken die Heide neu“, sagt die Sprecherin der Lüneburger Heide, Bettina Hagen. Der von Fischbek vor den Toren Hamburgs bis zur Residenzstadt Celle führende, 223 Kilometer lange Heidschnuckenweg gehört in der Region zu den Favoriten. Die Wanderer durchqueren Heidegebiete, kleine Dörfer sowie Flussauen und bekommen die ein oder andere Schnuckenherde zu Gesicht. Steigend ist die Nachfrage nach barrierefreien Wegen. „Es sind vor allem Familien mit Kinderwagen, die danach fragen.“ Wer mag, kann seine Sinne auf den Sandwegen barfuß anregen. „Barfußwandern nimmt stark zu“, so Hagen. „Es wird vor allem von jungen Leuten nachgefragt.“

Der Naturerlebnispfad Langwarder Groden. Ingo Wagner/dpa
Naturerlebnispfad Langwarder Groden
Der Naturerlebnispfad Langwarder Groden.

Ein besonderer Bohlenweg ziert die Halbinsel Butjadingen. Der 5,6 Kilometer lange, zertifizierte Rundweg „Langwarder Groden“ führt die Besucher hautnah durch Ebbe und Flut und bietet Erlebnisstationen. So können Besucher beispielsweise den Spuren der Wattvögel auf den Grund gehen. Der Weg entstand im Zuge der Sommerdeichöffnung, seither erobern sich Nordsee und Salzwiesen das Areal zurück.

„Über den Bohlensteg gibt es die Möglichkeit, die Gezeiten hautnah mitzukriegen“, sagt Patrik Poelmeyer von der Butjadingen-Touristik. Die Landschaft ist im Fluss. „Das ist jeden Tag anders, der Priel läuft auf einmal anders.“ Jedes Jahr muss die Kommune den Weg instand setzen, macht das aber gerne, denn er ist ein Publikumsmagnet. Wattführer bieten neben gängigen Touren auch Wanderungen im Schweigemodus an. (dpa)

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