• Foto: picture alliance/dpa

Der Corona-Guru aus dem Norden: Virus besiegen: Lübecker Forscher hat einen Plan

Lübeck –

Rolf Hilgenfeld ist Biochemiker. Er forschte schon vor 20 Jahren an den damals noch harmlosen Coronaviren. Seine Erfahrung könnte sich nun auszahlen. Der Forscher hat einen Plan, wie der Erreger vernichtet werden könnte. 

Mit seiner Kollegin Linlin Zhang forscht der 66-Jährige in der sonst menschenleeren Universität zu Lübeck daran, einen Wirkstoff gegen die tückischen Coronaviren zu entwickeln. Seine Arbeit ist aktuell gefragter denn je. In Zeiten, wo niemand in der Forschung die Coronaviren besondere Beachtung schenkte, blieb Hilgenfeld am Ball. Er fand die Struktur der Coronaviren interessant und forschte intensiv an den Viren, wie er dem „Spiegel“ verriet.  

Lübeck: Forschung von Hilgenfeld immer wichtiger

In den Anfängen seiner Forschung lösten die Coronaviren bekannterweise nur harmlose Infektionen aus. Doch nach den Ausbrüchen des Sars-Cov-Erregers im Jahre 2002 und dem Mers-Cov 2012, bei denen unzählige Menschen starben, erlangte seine Forschung immer mehr an Bedeutung. 

Forscher: „Wahrscheinlich sehen wir nur die Spitze des Eisbergs“

„Es gibt auf jeden Fall Hunderte verschiedene Coronaviren, wenn nicht Tausende, wahrscheinlich sehen wir nur die Spitze des Eisbergs“, erklärte Hilgenfeld dem „Spiegel“. Er habe immer mit einem erneuten Ausbruch gerechnet. Die aktuelle Corona-Epidemie gibt ihm recht. 

Video: Alle Infos zum Coronavirus

Durch intensive Forschungen schaffte es Hilgenfeld zusammen mit seinen Mitarbeitern, Substanzen einer chemischen Verbindungsklasse herzustellen, die das Enzym blockieren, das für die Vermehrung der Coronaviren verantwortlich ist. Diese Vorarbeit könnte nun einen entscheidenden Beitrag im Kampf gegen Corona leisten. 

Hilgenfeld und Mitarbeiter hatten einen Vorsprung bei der Forschung

Nach dem Ausbruch der aktuellen Corona-Epidemie waren Rolf Hilgenfeld und sein Mitarbeiter Linlin Zhang jedenfalls gerüstet. Als am 11. Januar die Erbgutsubstanz des heutigen Erregers Sars-Cov-2 veröffentlicht wurde, widmeten sie sich erneut den Eiweiß spaltenden Enzymen, in der Fachsprache Protease genannt. Sie konnten daraufhin eine Sars-Cov-2-Protease herstellen und später dreidimensional auf einem Computerbildschirm darstellen. Im Anschluss verbesserten sie durch die gesammelten Ergebnisse ihren alten Wirkstoff, der die Enzyme blockiert. 

In nur drei Wochen sind Hilgenfeld und sein Team in der Forschung für ein Gegenmittel somit entscheidend näher gekommen. Die harte Arbeit könnte sich nun vielleicht ausgezahlt haben. 

Am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig wurde der Wirkstoff schon gesunden Mäusen verabreicht und die gute Verträglichkeit bestätigt. Foscher an der Universität Marburg gaben den Wirkstoff dann in Kulturschalen mit menschlichen Lungenzellen, die mit dem Erreger Sars-Cov-2 infiziert waren. Dadurch wurde die Vermehrung des Erregers gehemmt. 

Lübeck: Entwicklung eines Medikaments könnte Jahre dauern

Nun geht es an die Entwicklung eines Medikaments. Doch das könnte wohl einige Jahre in Anspruch nehmen, da der Prozess klinische Studien an Menschen und Experimente an Tieren beinhalte. 

Im besten Falle werden die Forscher vorher fündig. Sie wollen nun nach „Spiegel“-Informationen gemeinsam mit zwei weiteren Forschungseinrichtungen rund 3700 bereits zugelassene Arzeneimittelsubstanzen darauf testen, ob sie eventuell schon einen Wirkstoff enthalten, der die Vermehrung des Virus im Körper hemmt. Ein Treffer könnte die Herstellung eines Medikaments gegen den Coronavirus offenbar deutlich beschleunigen. 

Lübeck: Hilgenfeld steht eigentlich kurz vor dem Ruhestand

Biochemiker Hilgenfeld (66), der im April in den Ruhestand versetzt wird, soll nun in Lübeck weiterarbeiten. Die Universität habe ihm eine unbezahlte Seniorprofessur angeboten, doch umsonst mache er das nicht, wie er dem „Spiegel“ erklärte. Auch einige Pharmafirmen und das „Deutsche Zentrum für Infektionsforschung“ wollen nach eigenen Angaben mit Hilgenfeld weiterforschen. 

Das könnte Sie auch interessieren: Corona-Forschung am UKE

Doch der Forscher wählt offenbar einen anderen Weg. In Nanjing sei ihm eine gut dotierte Stelle an der dort ansässigen „China Pharmaceutical University“ angeboten worden – inklusive Arbeitsgruppe. Zudem hab er eine chinesische Freundin, mit der er schon eine gemeinsame Wohnung in Kunming (China) habe. (maw)

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp