Die U- und S-Bahnstation Jungfernstieg (Archivbild).
  • Die U- und S-Bahnstation Jungfernstieg (Archivbild)
  • Foto: Sina Schuldt/dpa

Warum in einer der wichtigsten HVV-Haltestellen Nazi-Kunst steht – und bleiben darf

Tausende Hamburger U-Bahnfahrgäste gehen täglich an ihr vorbei – die wenigsten von ihnen ahnen, dass sie gerade an einem Stück Nazi-Kunst vorbeigehastet sind: die Skulptur „Die sieben Jungfern“ des Bildhauers Richard Luksch, ergänzt um das Gedicht des glühenden Hitler-Verehrers Hermann Claudius. Seit 1936 steht sie am Bahnsteig der U1-Haltestelle Jungfernstieg – und soll da auch bleiben. Aber mit einer Erläuterungstafel.

„Eine bewusste Inszenierung der Nationalsozialisten“, nennt die Hochbahn das Gesamtwerk aus Plastik und Gedicht – auch wenn beide für sich betrachtet unverfäglich erscheinen. Geschnitzt hat Luksch, der wegen NS-kritischer Werke 1934 aus dem Staatsdienst an der damaligen Staatlichen Kunstgewerbeschule Hamburg geschmissen wurde, seine Statue aus einem Eichenpfahl, den Arbeiter beim Bau der Station 1932 fanden. Der damals rund 700 Jahre alte Pfahl stellt sieben Frauenfiguren dar, die sinnbildlich für die sieben Jahrhunderte epochen-typische Kleidung tragen.

NS-Kunst am Jungfernstieg bekommt Infotafel

„Im Zuge der vor rund zwei Jahren abgeschlossenen Sanierungsmaßnahmen auf der 1931 eröffneten Haltestelle stellte sich die Frage, wie die Hochbahn mit diesem Werk umgehen soll“, so das Unternehmen. „Zwei Entscheidungen wurden getroffen: Statt einer möglichen Entfernung der Plastik wird eine erläuternde Informationstafel auf dem Bahnsteig angebracht. Zum anderen sollten die kompletten Hochbahn-Anlagen nach weiteren umstrittenen Werken untersucht werden.“

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Dabei wurde das Eingangsportal der U1-Haltestelle Ahrensburg Ost als historisch belastet identifiziert. Hier sind ein Adler mit Lorbeerkranz und der Jahreszahl 1914 sowie vier hölzerne Kinderfiguren – Soldat, Polizist, Jäger und Reiter – als Gestaltungselemente angebracht. „Ein Zeichen der damaligen imperialistisch-kaiserlichen Politik“, so die Hochbahn. Auch hier soll eine Informationstafel das Kunstwerk einordnen. (mp)

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