Erst der Anfang: Aktivisten plündern Uni-Mensa – Teilnehmerin packt aus
„Streiken, besetzen, enteignen, plündern“ – mit diesem Schlachtruf hat am Mittwoch eine Gruppe Studierender eine Uni-Mensa gestürmt und Essen kostenlos an Kommilitonen verteilt. Eine Studentin, die dabei war, hat mit der MOPO darüber gesprochen, warum Plünderungen ihrer Meinung nach ein legitimes Mittel sind – und warum weitere Aktionen folgen werden.
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„Streiken, besetzen, enteignen, plündern“ – mit diesem Schlachtruf hat am Mittwoch eine Gruppe Studierender eine Uni-Mensa gestürmt und Essen kostenlos an Kommilitonen verteilt. Eine Studentin, die dabei war, hat mit der MOPO darüber gesprochen, warum Plünderungen ihrer Meinung nach ein legitimes Mittel sind – und warum weitere Aktionen folgen werden.
Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise: Dass die Preise für Lebensmittel in die Höhe schießen ist kein Geheimnis. Nun haben Studierende der Uni Hamburg die Initiative ergriffen und am Mittwoch die vegetarische Mensa „Blattwerk“ geplündert. Wie viele Personen an der Aktion beteiligt gewesen sind – unklar. Das Studierendenwerk sagt drei, das linke Bündnis „Grow“, das die Aktion unterstützt, sagt, es seien 30 Personen beteiligt gewesen.
Uni Hamburg: Aktivisten plündern Mensa – und verteilen Essen an Kommilitonen
Laut „Grow“ habe es vor der Plünderung eine spontane Kundgebung gegeben, bei der Studierende an einem „Open Mic“, also einem Mikrofon, das für alle zugänglich war, aus ihrem Alltag berichtet haben. Anschließend habe man sich dann gefragt: „Warum sollen eigentlich wir draufzahlen und nicht die Unternehmen, die mit unseren Sorgen so viel Geld verdienen?“ Daraufhin hätten dann Studierenden mit einem Megafon die Mensa geplündert und laut „Grow“ „60 bis 70 Essensportionen“ an vorbeilaufende Kommilitonen verteilt.
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Die Resonanz sei überraschend positiv gewesen, so „Grow“: „Viele haben uns erzählt, dass sie sich noch nie in ihrem Leben derartige Sorgen über ihre Finanzen gemacht haben.“ Das bestätigt auch eine Teilnehmerin der Aktion, die mit der MOPO über ihr Engagement gesprochen hat und anonym bleiben möchte.
„Meine Ausgaben für Lebensmittel haben sich vervielfacht. Für einen Döner musste ich neulich sieben Euro zahlen – das ist doch absurd“, sagt sie. Die Studentin an der Uni Hamburg arbeitet nebenbei in einem Bekleidungsgeschäft. Sie nennt sie den Gang zum Supermarkt einen „Spießrutenlauf, weil die Preise für Alltägliches immer höher klettern und der Kontostand am Ende jedes Monats ins Minus rutscht“ – und das trotz sparsamen Verhaltens, wie sie sagt.
Als sie von der Mensa-Plünderung hörte, habe sie sich über die Aktion gefreut. „Es ist ein schönes Gefühl, kollektiv mit anderen diesen Regelbruch zu begehen und dadurch Druck auf die Politik auszuüben. Wir müssen zeigen: Wenn ihr nicht spurt, nehmen wir sie Sache halt selbst in die Hand!“
Nach Mensa-Plünderung: Weitere Aktionen geplant
Das Studierendenwerk, das für die Mensen verantwortlich ist, betont, dass es sich der Problematik der gestiegenen Unterhaltskosten bewusst sei: Bereits in den vergangenen beiden Pandemie-Jahren seien viele Studierende in „erhebliche finanzielle Schwierigkeiten“ geraten. Dennoch sei die „Vorgehensweise nicht legitim und nicht legal“.
Es sei falsch, dass andere Studierende die fehlenden Einnahmen mittragen sollen. Es werde darauf geachtet, das Essensangebot so günstig wie möglich zu gestalten. Laut eigenen Angaben hat das Studienwerk bisher keine Anzeige gegen die Gruppe erstattet, die am Mittwoch Essen verteilte.
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Das Bündnis „Grow“, das sich als „Polit-Gruppe im Umfeld der Roten Flora“ bezeichnet, kündigt weitere Aktionen an, zum Beispiel „kollektives Schwarzfahren aus Protest dagegen, dass die Bundesregierung das 9-Euro-Ticket wieder abgeschafft hat“.