Streit um neuen Stadtteil: Platzt am Mittwoch Bergedorfs Ampel-Koalition?
Am kommenden Mittwoch könnte es knallen in Bergedorf. Nach Informationen der MOPO bereiten SPD und FDP gemeinsam das Ende der bezirklichen Ampel-Koalition mit den Grünen vor. Beide Parteien werfen den Grünen einen Bruch des Koalitionsvertrages vor, es geht um die Gestaltung des neu geplanten Stadtteils Oberbillwerder.
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Am kommenden Mittwoch könnte es knallen in Bergedorf. Nach Informationen der MOPO bereiten SPD und FDP gemeinsam das Ende der bezirklichen Ampel-Koalition mit den Grünen vor. Beide Parteien werfen den Grünen einen Bruch des Koalitionsvertrages vor, weil die grüne Fraktion vor zwei Wochen beschlossen hat, die Zahl der Parkplätze im neu geplanten Stadtteil Oberbillwerder weiter zu reduzieren: Von durchschnittlich 0,6 pro Wohnung auf nur noch 0,35.
Am Mittwoch wird die Verwaltung ab 18.30 Uhr im Spiegelsaal des Bergedorfer Rathauses den Fachpolitiker:innen und Fraktionsspitzen der drei Koalitionsparteien den gegenwärtigen Planungsstand des Bebauungsplan-Entwurfs „Billwerder 30“ präsentieren. Mit rund 118 Hektar ist Oberbillwerder Hamburgs zweitgrößtes Stadtentwicklungsprojekt und wird der 105. Stadtteil der Hansestadt werden. Nördlich der S-Bahnstation Allermöhe entstehen ab Mitte der 2020er Jahre 6000 bis 7000 Wohnungen sowie 4000 bis 5000 Arbeitsplätze.
Bergedorf: SPD und FDP werfen Grünen Koalitionsbruch vor
Laut Masterplan des Senats, den die Bergedorfer Ampelkoalition sich verpflichtet hat umzusetzen, sollen für jede der geplanten Wohnungen 0,6 Pkw-Parkplätze geschaffen werden. Bestehen die Grünen am Mittwoch nun aber auf einer drastischen Reduzierung der vereinbarten Stellplätze, planen SPD und FDP die Zusammenarbeit postwendend am letzten Tag vor der parlamentarischen Sommerpause für beendet zu erklären. Es wäre nach dem Ende des schwarz-grünen Bündnisses in Eimsbüttel die zweite Bezirksregierung, die im laufenden Jahr zerbricht. Die FDP wäre dann nur noch in Mitte an der Regierung beteiligt.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich in der Bergedorfer Ampel, die ihren Koalitionsvertrag am 23. Januar 2020 unterzeichnet hat, feine Risse zeigen. Im April 2021 beispielsweise scheiterten SPD, Grüne und FDP bereits an der eigentlich eher simplen Aufgabe, ihre Themen für die Bezirksversammlung abzustimmen. Die drei gemeinsam regierenden Parteien konnten sich nicht auf einen einzigen gemeinsamen Punkt für die Tagesordnung einigen. Dann hat es hier und da – von grüner Seite – nicht abgesprochene Statements gegeben, die gegen Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag verstoßen haben.
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Die Grünen aber weisen jetzt einen Koalitionsbruch weit von sich. Sie können sich darauf berufen, dass selbst die Vertreter:innen des Senats bereits vergangenen Januar im Stadtentwicklungsausschuss der Bürgerschaft zu Protokoll gaben, „der Stellplatzschlüssel sei in Abstimmung mit der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende zwischenzeitlich auf 0,35 gesenkt worden.“ Entgegen dem eigenen Masterplan und nach Informationen der MOPO ohne jede Absprache mit dem Bezirk, der die Federführung für die Planung des neuen Stadtteils hat.
Koalition droht an Parkplatz-Streit zu scheitern
Die SPD und FDP in Bergedorf wollen aber auf alle Fälle an der ursprünglichen Vorgabe festhalten, halten die Stellplatzreduzierung schlicht für „praktisch unrealistisch“. „Ich mache mir große Sorgen um den Fortbestand der Ampelkoalition“, formuliert es die FDP-Fraktionsvorsitzende Sonja Jacobsen ganz diplomatisch. „Wir stehen zum Masterplan, und dessen Stellplatzvorgabe ist für uns nicht verhandelbar“, betont die Bergedorfer SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Kramer, die auch auf mehrfache Nachfrage ein Ende der Ampelkoalition noch in dieser Woche nicht gänzlich ausschließt, aber erklärt: „Damit beschäftige ich mich derzeit überhaupt nicht.“
Andere Mitglieder der SPD-Fraktion, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, behaupten hingegen das genaue Gegenteil – die Sprachregelungen für den Koalitionsausstieg würden unter Führung von Kramer bereits abgestimmt, eine weitgehend ausformulierte Presseerklärung läge bereits in der Schublade. Fakt ist: Hinter den Bergedorfer Kulissen glühen derzeit die Drähte, um den Koalitionscrash in letzter Minute vielleicht doch noch zu verhindern.
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Auch Grünen-Prominenz wie Verkehrssenator Anjes Tjarks, Umweltsenator Jens Kerstan oder die Bergedorfer Bürgerschaftsabgeordnete Jennifer Jasberg wirbeln mächtig im Hintergrund. Offiziell aber herrscht Schweigen im Walde: Auch die Grünen wollten sich zu dem Koalitionsstreit gegenüber der MOPO nicht äußern.