x
x
x
  • 39 Prozent der Hamburger Stadtfläche sind bereits versiegelt.
  • Foto: dpa

Streit um Naturschutz: Weniger neue Wohnungen in Hamburg? Das sagt die Behörde

In Hamburg werden zu viele Flächen versiegelt, meint die Umweltschutzorganisation BUND. Deshalb hatte sie die Stadt aufgefordert, vom „10.000-Wohnungen-Dogma“ abzulassen – zu gravierend seien die Auswirkungen für Natur und Lebensqualität. Doch die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) bleibt bei ihrer Strategie.

Sollte das Ziel, jährlich 10.000 neue Wohnungen zu genehmigen, aufgegeben werden? „Das halten wir für völlig falsch“, so eine Sprecherin der BSW zur MOPO. „Gezielter, stetiger Wohnungsneubau ist ein wichtiges und wirksames Instrument, um genügend bezahlbaren Wohnraum für alle Hamburgerinnen und Hamburger zu schaffen.“ Deshalb halte der Senat an der Maßgabe fest. Nach aktuellen Prognosen wird die Bevölkerung Hamburgs bis 2035 um knapp 150.000 Personen anwachsen. Die neuen Wohnungen werden gebraucht, so die Behörde, zudem bremse der Wohnungsneubau auch den Anstieg von Mietpreisen.

Streit um Flächennutzung: Naturschützer fordern weniger Versiegelung

Das dürfte die Naturschützer vom BUND ernüchtern, denn die Versiegelung der Stadt geht in schnellem Tempo voran. 39 Prozent der Hamburger Stadtfläche sind bereits versiegelt – 2010 waren es noch 32 Prozent, so Jörg Knieling, Stadtplaner an der HafenCity Uni und Vorstandsmitglied beim BUND. Um Wohnraum zu schaffen, werden immer mehr Flächen in der Stadt überplant – laut BUND sogar alle zwei Jahre in der Größe der Außenalster. Darunter sind auch ökologisch wertvolle Flächen, wie die Kleingärtenparzellen von Diekmoor.

Das könnte Sie auch interessieren: Immer mehr Flächen werden zugepflastert: „Hamburgs Bauwut ist verantwortungslos”

Die Wohnungen entstehen vorrangig in der Stadt, um noch unversiegelte Flächen auf dem Land zu erhalten. Aber auch in der Stadt sind Grünflächen wichtig für Artenvielfalt, Klimaschutz und Lebensqualität, argumentiert der BUND. Die Naturschützer forderten deshalb am Donnerstag, das 10.000-Wohnungsziel auszusetzen. Außerdem sollten bereits versiegelte Flächen besser genutzt werden: Durch mehr Wohnungsbau an den ohnehin versiegelten Hauptstraßen oder die Aufstockung von bereits vorhandenen Gebäuden.

BUND: Wir brauchen ein „Netto-Null-Konzept“

Die Stadt arbeite aktuell an einem Masterplan für Magistralen (Hauptstraßen), sagt die Behörden-Sprecherin zur MOPO. An vielen Stellen werden auch Gebäude aufgestockt, doch das sei von privaten Initiativen abhängig. Um den Flächenverbrauch gering zu halten, funktioniere die Stadt außerdem brachliegende Flächen oder alte Gewerbebauten um. Bei „Jenfeld 23“ entsteht etwa ein neues Wohngebiet auf einem alten Kasernengelände, wobei der Anteil der versiegelten Fläche laut Bebauungsplan insgesamt sogar reduziert wird.

Das könnte Sie auch interessieren: Neubauwohnungen nur noch für Gutverdiener: Wie Mieter richtig draufzahlen müssen

Doch um die Entwicklung aufzuhalten, sollte laut der Naturschützer ein „Netto-Null-Konzept“ gelten, nach dem bei der Versiegelung einer Fläche ein ebenso großes Areal andernorts entsiegelt wird. Das gibt es in Hamburg bisher nicht. Die Stadt hält entgegen, dass sie Grünflächen durch naturnahe Gestaltungen aufwerte, in die Pflege von Parks investiere und das grüne Netz ständig durch „grüne Trittsteine“ ergänze.

„Die aktuelle Stadtentwicklung von ‚Bausenatorin‘ Dorothee Stapelfeldt hat keine Zukunft“, kritisierte Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND. „Europa und auch die Bundesregierung bekennen sich bei der Flächennutzung zu einer Kreislaufwirtschaft, nur Hamburg hat keinen Plan.“ Auch Knieling findet, dass Hamburgs Stadtentwicklung deutlich „hinter ihren Möglichkeiten“ zurückbleibe. Das „10.000-Wohnungen-Dogma“ stehe „wirklich guten und kreativen Ansätzen einer qualitätsvollen Stadtentwicklung“ im Weg.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp