WM-Boykott in Bars? „Ob wir gucken oder nicht, merken die Toten nicht mehr“
„Kein Katar in meiner Bar“ heißt die Bewegung, mit der Wirte bundesweit zum Boykott der umstrittenen Weltmeisterschaft aufrufen. Auch in Hamburg machen einige Läden mit, andere beliebte Fußballkneipen übertragen die Spiele trotzdem. Die MOPO hat nachgefragt, warum die Wirte sich dem Protest nicht anschließen. Die Argumente: vielfältig.
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„Kein Katar in meiner Bar“ heißt die Bewegung, mit der Wirte bundesweit zum Boykott der umstrittenen Weltmeisterschaft aufrufen. Auch in Hamburg machen einige Läden mit, andere beliebte Fußballkneipen übertragen die Spiele trotzdem. Die MOPO hat nachgefragt, warum die Wirte sich dem Protest nicht anschließen. Die Argumente: vielfältig.
Nachdem eine Düsseldorfer Kneipe verkündet hatte, die WM in dem autoritären Emirat nicht live übertragen zu wollen, lassen unter anderem auch Bars in Köln, Bremen und München ihre Bildschirme aus. In sechs Wochen – kurz vor dem 1. Advent – ist Anpfiff. Wie sieht es in Hamburg aus?
Die MOPO hat – auf Grundlage von Google-Bewertungen über vier Sternen – 21 der beliebtesten Fußballkneipen gefragt, wie sie es mit der Übertragung der Spiele halten werden. Das Ergebnis: 13 der befragten Bars übertragen die WM wie all die vergangenen Meisterschaften zuvor. Drei Kneipen schließen sich dem WM-Boykott an. Unentschieden zeigen sich bislang „Connys Bierkiste“ in Altona, die Eimsbüttler Kneipe „Fasan“ und die Bars „Osborne“ auf St. Pauli und „Match“ in Langenhorn.
„Den wenigen, die das gucken wollen, müssen wir gerecht werden“
„Wenn Fußball läuft, machen wir den Fernseher an“, fasst ein Barkeeper des „Hammer Ecks“ das Motto vieler Sportbars zusammen. Dabei befürchten unter anderem die „Sunset Billard Bar“, die Eimsbüttler „Crazy Angels Sportsbar“ und die „Winner‘s Play Sportsbar“ in Eidelstedt, dass ohnehin nicht viele Gäste zu den Live-Übertragungen kommen werden – und zwar nicht nur wegen der Kritik an der Ausbeutung der Stadion-Bauarbeiter.
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Weihnachtsstimmung und Fußball-WM – das passt einfach nicht, so die Sorge der Wirte. Das Finale findet am 18. Dezember statt, dem 4. Advent. Im Gespräch mit MOPO heißt es trotzdem: „Den wenigen, die das gucken wollen, müssen wir gerecht werden.“
„Ob wir die WM gucken oder nicht, merken die gestorbenen Arbeiter nicht mehr“
Für Berkan Algan, Inhaber der „Vivo Bar“ in Ottensen, stellt sich die Frage nach dem Public Viewing in seiner Kneipe gar nicht erst. Er will die Spiele auf jeden Fall zeigen: „Es wäre eine Doppelmoral, wenn Deutschland aus Katar Gas importiert und wir dann aber nicht Fußball gucken dürfen.“
Aus der „Windschirm Bar“ in Rothenbaum kommen andere Töne. „Ob wir die WM gucken oder nicht, merken die gestorbenen Arbeiter nicht mehr“, sagt Wirt Olaf Grimes. Die Spiele werden übertragen, wenn auch nicht aus Überzeugung: „Sonst gehen wir pleite. Da ist das Brot dichter als die Moral.“
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Nach Angaben von Amnesty International sind allein für den Aufbau der Stadien bislang 15.000 Gastarbeiter unter den unwürdigen Arbeitsbedingungen gestorben.
Auch im „O-Feuer“ in der Sternschanze herrschen keine rosigen Zeiten, weshalb man die Fußballspiele ab dem ersten Anpfiff am 20. November zeigen werde. Irgendwie müsse man auch überleben, heißt es auf Nachfrage der MOPO.
Warum andere Fußball-Kneipen die WM in Katar boykottieren, können Sie hier lesen: „Kein Katar in meiner Bar“: Boykott! Hamburger Kneipen wollen die WM nicht zeigen