Geflohene Iranerin: „Sie töten uns!“ So brutal ist die Mullah-Diktatur
Sie kam erst vor wenigen Wochen nach Deutschland: Die Iranerin Shirin floh vor dem Unterdrückungs-Regime nach Hamburg. In ihrer Heimat drohe ständig Gefängnis oder Tod, erzählt sie. „Sie nehmen dich sogar mit, wenn du auf der Straße zu laut lachst!“ Hier, in Hamburg, sind Shirin und ihre Kinder in Sicherheit. Die 50-Jährige ist unendlich froh darüber – und gleichzeitig würde sie am liebsten umkehren und jene unterstützen, die in ihrer Heimat gerade ihr Leben riskieren, um die verhassten Mullahs zu stürzen. Ein Zwiespalt.
Sie kam erst vor wenigen Wochen nach Deutschland: Die Iranerin Shirin floh vor dem Unterdrückungs-Regime nach Hamburg. In ihrer Heimat drohe ständig Gefängnis oder Tod, erzählt sie. „Sie nehmen dich sogar mit, wenn du auf der Straße zu laut lachst!“ Hier, in Hamburg, sind Shirin und ihre Kinder in Sicherheit. Die 50-Jährige ist unendlich froh darüber – und gleichzeitig würde sie am liebsten umkehren und jene unterstützen, die in ihrer Heimat gerade ihr Leben riskieren, um die verhassten Mullahs zu stürzen. Ein Zwiespalt.
Shirin kam als ausländische Fachkraft nach Hamburg. Sie arbeitet in einem angesehenen Beruf, für den es in Deutschland akuten Personalmangel gibt und für den sie dringend gebraucht wurde. Welcher Job das ist, darf hier nicht geschrieben werden. Jedes Detail, das Rückschlüsse auf ihre Identität geben würde, würde ihre Eltern und Geschwister im Iran in Gefahr bringen. Deshalb muss auch ihr richtiger Name geheim bleiben.
„Wir kämpfen mit euch!“: Demo vor dem iranischen Generalkonsulat
Am Montag steht Shirin zusammen mit rund 200 anderen Iraner:innen vor dem Generalkonsulat der Islamischen Republik an der Bebelallee. Sie hat sich einen Mundschutz vors Gesicht gezogen – denn sie hat Angst vor dem langen Arm des Regimes, das auch in Hamburg seine Spione hat. Außerdem ist die Kamera des Konsulats deutlich zu sehen, die alles filmt, was draußen geschieht.
„Tot sei Chamenei, verdammt sei Chamenei!“ – immer wieder ertönt der wütende Chor der Demonstranten. „Wir sind alle Mahsa. Wir kämpfen mit euch!“ Und: „Frau, Leben, Freiheit!“
Es dauert eine Weile, bis Shirin sich in den Chor einklinkt. Sie ist eigentlich ein zurückhaltender Mensch. Doch das, was daheim passiert, macht auch sie wütend.
Videos von prügelnden Polizisten mit Eisenstangen aus Teheran
Sie zieht ihr Handy aus der Tasche und zeigt das Video einer Straßenszene in Teheran. Freunde haben es ihr geschickt. Man sieht Sicherheitskräfte, die mit Eisenstangen auf Demonstranten einprügeln. Auch eine Freundin von Shirin wurde so verletzt. Die Freundin geht wie tausende Iraner seit Mitte September, seit der Ermordung von Mahsa Amini durch die Polizei, auf die Straße. Amini soll angeblich ihr Kopftuch nicht korrekt getragen haben.
Shirin kennt solche Kontrollen, wie die, in die Amini geraten war. „Die Sittenpolizei steht an jeder Ecke. Wenn das Kopftuch nicht streng konservativ gebunden ist, nehmen sie dich mit“, sagt sie.
Doch es ist nicht nur das Kopftuch, weswegen Shirin seit Jahren weg wollte. „Alles ist kontrolliert: die Presse, das Internet, die Musik, die Bücher, die Vorlesungen an den Universitäten“, erzählt die 50-Jährige. Im Kino würden nur System-Filme laufen, niemals ausländische Filme. Jede Kritik werde mit Gefängnis oder Tod bestraft. „Sie nehmen dich sogar mit, wenn du auf der Straße zu laut lachst!“
Mutter: „Ich möchte nicht, dass meine Kinder in einer Diktatur aufwachsen“
Shirin hat das nicht mehr ausgehalten. „Ich möchte nicht, dass meine Kinder in einer Diktatur aufwachsen. Sie sollen frei sein, frei denken können.“ Für die Mullahs an der Macht empfindet sie nur Hass. Es sind Diebe, sagt sie. Diebe, die sich bereichern, während 80 Prozent der Bevölkerung arbeitslos sind. Keiner stehe mehr hinter dem Regime, davon ist Shirin überzeugt. „Ich kenne niemanden, der dafür ist.“
Ein deutliches Zeichen ist für Shirin auch, dass die Moscheen im ganzen Land leer sind. „Mit ihrem Religionszwang haben die Mullahs das Gegenteil erreicht: Niemand ist mehr religiös. Die Bevölkerung hat sich vom Islam abgewandt. Ich habe zu dieser Religion überhaupt keinen Bezug.“
Manche hoffen auf die Rückkehr der Monarchie, andere träumen von Demokratie
Wieder setzt der Chor an „Nennt es nicht Aufstand. Dies ist eine Revolution!“ Manche Demonstranten schwenken die grün-weiß-rote Flagge, in deren Zentrum statt des Schwert-Emblems ein Löwe prangt. Es ist die Flagge des 1979 abgesetzten Schahs. Auch Shirin ist Monarchistin. „Ich hoffe, dass das Regime bald fällt und der Schah zurückkehrt.“ Damit meint sie Reza Pahlavi, den Sohn des 1980 verstorbenen Schahs Mohammad Reza Pahlavi.
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Nicht alle sehen das so. Unter den Demonstranten in Hamburg sind auch Kommunisten und Vertreter der Volksmudschahedin. Oder Menschen wie Sahar Oberbeck, die neben Shirin steht. „Iran muss eine Demokratie werden“, sagt die 36-jährige Rechtsanwaltsgehilfin aus Ohlsdorf. „Das Problem ist, dass wir Exil-Iraner uns nicht einig sind. Wir müssten uns organisieren, denn das Volk innerhalb der Grenzen schafft es nicht alleine. Es braucht Druck von außen.“
Auch Shirin hofft auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft. „Von innen etwas zu bewegen, ist fast unmöglich. Man wird sofort getötet. Die Mullahs müssen zum Sturz gebracht werden.“ Wenn es vorbei ist, will sie zurück in die Heimat gehen und beim Neuanfang mitwirken. „Ich liebe mein Land. Es ist wunderschön.“