• Was lief da zwischen ihm und den Gesellschaftern der Warburg Bank: Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Bundestag.
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Scholz und der Cum-Ex-Prozess: Mysteriöser Sinneswandel einer Hamburger Finanzbeamtin

Im größten Steuerskandal der deutschen Geschichte hat die Warburg Bank jetzt 155 Millionen Euro ans Finanzamt zurückgezahlt. Doch der Fall ist damit nicht erledigt. Zum einen will die Bank sich das Geld gerichtlich zurückholen. Zum anderen wirft der Prozess gegen führende Banker neue Fragen über die Verstrickung von Olaf Scholz (SPD) auf. Details brachte die Vernehmung der in Hamburg für die Bank zuständigen Finanzbeamten.

Aber nicht in Hamburg, sondern in Bonn werden derzeit die spannenden Details rund um den Steuerbetrug der Warburg Bank verhandelt. Denn dort am Landgericht läuft seit November der Prozess wegen Steuerhinterziehung gegen den ehemaligen Generalbevollmächtigten der Bank.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, gemeinsam mit Komplizen 325 Millionen Euro Steuergeld erschlichen zu haben. Das Gericht ist zuständig, weil das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn sitzt.

Warburg Eingang

Vom Sitz der Warburg Bank bis zum Hamburger Rathaus sind es nur ein paar Minuten Gehweg.

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In dem Zusammenhang wurden jetzt auch Zeugen des Hamburger Finanzamtes vernommen. Darunter der pensionierte Sachbearbeiter H., der damals die Betriebsprüfung bei der Hamburger Bank durchgeführt hatte und dabei auf die Machenschaften aufmerksam geworden war. Außerdem seine Sachgebietsleiterin P., an die er sich in der Angelegenheit um Rat gewandt hatte. Aussagen, die auch für den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zum Cum-Ex-Skandal in Hamburg wichtig sind.

Cum-Ex-Prozess: Zeugin von Hamburger Finanzamt

Wie im Prozess jetzt herauskam, gab es bereits im Mai 2016 einen Termin bei der Bank, mit Sachgebietsleiterin P. und ihrem Mitarbeiter. Damals sollte die Bank aufgefordert werden zu belegen, dass sie die erstatteten Steuern gezahlt hatte. Sonst würde das Finanzamt sie zurückholen. Einer der Gründe für diesen klaren Schritt des bis dahin unentschlossenen Hamburger Finanzamtes: ein deutliches Urteil des Finanzgerichts Hessen zu Cum-Ex-Geschäften. Das berichtet das „Manager Magazin“ aus dem Prozess in Bonn.

Warburg Demo

Kundgebung der Linken gegen Cum-EX-Geschäfte der Warburg Bank, am Mikro der Abgeordnete Norbert Hackbusch.

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Finanzprüfer H. sagte jetzt im Prozess aus, seine Chefin sei während des Termins mit der Bank unsicher geworden. Wohl weil die Vertreter der Bank Druck erzeugten. Die Existenz der Bank sei gefährdet, wenn sie die Steuererstattungen zurückzahlen müssten. Daher endete der Termin ohne die Aufforderung, die Steuerzahlung nachzuweisen.

Hamburger Sachgebietsleiterin erinnert sich wenig

Laut „Manager Magazin“ sagte die Amtschefin weiter aus, sie sei verunsichert gewesen ob des massiven Drucks und der rechtlichen Unklarheit und habe sich ebenfalls an ihre Vorgesetzte um Rat gewandt. Ergebnis war grünes Licht für ein Vorgehen gegen die Bank.

Offenbar hatten aber alle im Finanzamt Angst, eine so weitreichende Entscheidung ohne die Politik zu treffen. Am 5. Oktober 2016 wurde daher ein Bericht an die Finanzbehörde geschickt – mit Bitte um Zustimmung zur Steuerrückforderung. Damaliger Senator war der heutige Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD).

Cum Ex: Warburg Bank und das Gespräch mit Olaf Scholz

Und jetzt wird es spannend: Obwohl der Sachbearbeiter, seine Vorgesetzte und ihre eigene Chefin im Finanzamt einig waren, gegen die Warburg Bank vorzugehen, fiel wenige Wochen später bei einem Gespräch mit der Finanzbehörde die Entscheidung, genau das Gegenteil zu tun. Nämlich das Geld nicht zurückzufordern, berichtet das „Manager Magazin“ aus dem Prozess.

Wie kam es dazu? Wo doch Hamburgs Ex-Bürgermeister Olaf Scholz immer wieder folgendes betont: „Es hat keine politische Einflussnahme auf die Entscheidung des Finanzamtes Hamburg gegeben. Von mir nicht und auch von anderen nicht“, so Scholz in einer Fragestunde des Bundestags.

Olearius und Olaf Scholz Erinnerungs-Lücken

Auch die Sachbereichsleiterin P. im Finanzamt beharrt auf ihrer Aussage, es habe keine politische Einflussnahme gegeben. Wie es zu ihrer plötzlichen Kehrtwende kam, kann sie jedoch nicht erklären. Sie habe Angst vor einer Insolvenz der Warburg Bank gehabt und vor einem möglichen Prozess, den die Bank womöglich angestrengt hätte. Aber diese Abwägung hatte sie doch Monate zuvor bereits getroffen – und zwar mit anderem Ergebnis. Erfolgte der plötzliche Sinneswandel also auf Druck seitens der Finanzbehörde?

Treffen von Finanzamt und Finanzbehörde Hamburg

Fest steht, dass Olaf Scholz im September ein Treffen mit Christian Olearius zum Cum-Ex-Thema hatte. Er war also ganz offenbar informiert, als im Oktober dann das spannende Treffen von Finanzamt und Finanzbehörde über die Bühne ging. Auf die Frage des Richters, ob Frau P. denn da mal eine Anfrage aus dem Büro des Bürgermeisters zum Thema hatte, antwortet sie wie so oft mit: „ich erinnere mich nicht“.

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Noch im Oktober kommt es zu einem weiteren Treffen von Bank-Mitinhaber Olearius und Olaf Scholz. Dem damaligen Bürgermeister wird ein Brief ans Finanzamt übergeben. Scholz habe sich dazu nicht geäußert, so geht es aus Olearius Aufzeichnungen hervor. Zwei Wochen später habe Scholz ihn angerufen und aufgefordert, das Papier an den Finanzsenator weiterzugeben. Eine Woche danach fiel die Entscheidung, die Steuererstattung von der Warburg Bank nicht zurückzufordern.

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Die Treffen zwischen Scholz und Olearius hatten der damalige Bürgermeister und die Senatskanzlei so lange verschwiegen, bis sie durchgesteckt wurden und nicht mehr geleugnet werden konnten. Danach sagte Scholz, dass er keine konkreten Erinnerungen an die Treffen habe.

Bis heute bestreiten Finanzamts-Mitarbeiter, Warburg Banker und Senat jegliche Einflussnahme. Plausibel klingt das nach den Vorgängen nicht, das Gegenteil ist bisher nicht belegbar. Der laufende Cum-Ex-Untersuchungsausschuss in Hamburg bringt hoffentlich Licht ins Dunkel.

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