• Der Innenminister von Mecklenburg Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), tritt zurück.
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Waffenkauf bei rechtem Netzwerk: Mecklenburgs Innenminister Lorenz Caffier tritt zurück

Nach Berichten über einen Waffenkauf bei einem umstrittenen Waffenverkäufer aus dem rechten Spektrum hat der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), überraschend seinen Rücktritt erklärt. 

Der wegen eines Waffenkaufs bei einem Händler mit Verbindungen zur rechtsextremen Szene seit Tagen unter Druck stehende Caffier erklärte am Dienstag in Schwerin, wegen der Affäre nicht mehr die nötige Autorität für sein Amt zu besitzen. Mit seinem Rücktritt wolle er auch seine Familie und sein Umfeld schützen.

Mecklenburg-Vorpommern: Innenminister Caffier tritt zurück

Caffier hatte Anfang 2018 die Jagdwaffe gekauft. 2019 lagen den Behörden Hinweise vor, dass der Händler Frank T. Verbindungen zum rechtsextremistischen Netzwerk Nordkreuz haben soll. Der Fall wurde in der vergangenen Woche bekannt.

Am Montag hatte Caffier es bereits als Fehler bezeichnet, nicht bei Bekanntwerden dieser Vorwürfe im Mai 2019 an die Öffentlichkeit gegangen zu sein. Jetzt erklärte er: „Nicht der Erwerb war ein Fehler, sondern mein Umgang damit – dafür entschuldige ich mich.“

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Caffier amtierte seit 2006 als Landesinnenminister und war damit der am längsten amtierende deutsche Innenminister. In der bis 2021 gewählten Landesregierung von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) war Caffier auch Vizeministerpräsident. Schwesig hatte Caffier am Wochenende aufgefordert, die Umstände des Waffenkaufs genau aufzuklären.

Am Montag gab der CDU-Politiker dazu eine umfassende Erklärung ab. Seinen Rücktritt begründete er auch damit, dass die vergangenen Tage eine „unerträgliche Belastung“ gewesen seien. Es verletze ihn zutiefst und sei für ihn eine extrem große Belastung, dass bei ihm eine Nähe zu rechten Kreisen suggeriert werde. „Ich kann diesen Vorwurf nur in aller Schärfe zurückweisen – er ist schlicht absurd.“

Mediengeschäft „erbarmunglos“

Caffier erklärte, schon vor zwei Jahren das Gefühl gehabt zu haben, wegen Vorwürfen zu einem Ferienhaus auf Usedom zur Entlastung seiner Familie zurücktreten zu müssen. Die Vorwürfe dazu seien völlig haltlos. Die jetzigen Vorwürfe hätten aber eine völlig andere Dimension. Dabei erhob Caffier Vorwürfe wegen einer „völlig enthemmten Berichterstattung“ über den Fall. Das Mediengeschäft sei „erbarmungslos“.

Caffier erklärte, sein Landtagsmandat behalten zu wollen. Der 65-Jährige hatte bisher auch als einer der starken Köpfe der CDU in Mecklenburg-Vorpommern gegolten, als deren Vorsitzender er von 2009 bis 2017 fungiert hatte.

Caffiers Erklärung im Wortlaut:

„Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

ich bin seit 14 Jahren Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern und damit der dienstälteste Innenminister Deutschlands. In dieser Zeit durchlebten meine Mitarbeiter, mein Umfeld und ich viele Höhen und Tiefen. Ich kann mich noch gut an den G8-Gipfel in Heiligendamm zu Beginn meiner Amtszeit erinnern, den nicht wenige als meinen Schleudersitz angesehen hatten. Tatsächlich war es großartig zu sehen, wie professionell und organisiert eine der kleinsten Landespolizeien der Republik diesen extrem schwierigen Einsatz gemeistert hat.

Spätestens da war ich Feuer und Flamme für mein Ministerium und seine Mitarbeiterinenn und Mitarbeiter. In all den Jahren haben wir unzählige Gesetze und Verordnungen auf den Weg gebracht. Milliarden flossen in die Kommunen und in unglaublich viele Projekte, die oft auch das Ehrenamt unterstützen.

Die Folgen der Finanzkrise 2008/2009 überwanden wir gemeinsam. Das Elbehochwasser 2013 wehrten wir gemeinsam erfolgreich ab. Und auch die bis dato größte Herausforderung des Landes, die Flüchtlingskrise 2015, konnten wir ebenfalls sehr gut gemeinsam bewältigen.

Einen besonderen Schwerpunkt meiner Arbeit habe ich auf den Kampf gegen Extremismus und insbesondere auf den Kampf gegen den Rechtsextremismus gelegt. Schon bei meinem Amtsantritt 2006 war mir klar: Hier müssen wir was machen. Ich setzte mich für mehr Personal, bessere Ausstattung und mehr Befugnisse der Ermittler ein. Und voller Überzeugung trieb ich das NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht voran. Unsere Gesellschaft musste ein Zeichen gegen den rechten Sumpf setzen. Und ich bin überzeugt, dass dieser Kampf weitergehen muss. Mit allen Mitteln des Rechtstaats und der Zivilgesellschaft.

Mit jeder Schlacht, die wir gemeinsam schlugen, wurde das Band zwischen dem Innenministerium, seinen Mitarbeitern und mir immer stärker. Mit keiner Aufgabe je zuvor habe ich mich so sehr identifiziert wie mit dem Amt des Innenministers. Zur Wahrheit gehört aber auch: Dieses Amt ist alles andere als vergnügungssteuerpflichtig. Kritik, Vorwürfe und Unterstellungen gehören zur Aufgabenbeschreibung. Einer muss den Dreck aufkehren. Das habe ich gemacht. Beifall gab es dafür selten.

Natürlich habe ich mir ein dickes Fell angeeignet. So schnell ließ ich mich nicht aus der Ruhe bringen. Darauf konnten sich meine Mitarbeiter und mein Umfeld stets verlassen.

Aber auch ich habe Grenzen.

Die unsägliche Berichterstattung über mein Ferienhaus auf Usedom bleibt bis heute jeden Beweis schuldig, dass ich irgendetwas falsch gemacht habe. Jetzt werden schon mit offensichtlich viel krimineller Energie Unterlagen von mir, die dem Steuergeheimnis unterliegen, verbreitet. Das einzige Ziel ist: Schlagzeilen mit meinem Namen produzieren. Meine Familie litt und leidet ungemein unter diesen völlig haltlosen Vorwürfen und den Fotos von unserem Privatgrundstück. Schon vor zwei Jahren hatte ich das Gefühl, meine Familie mit einem Rückzug entlasten zu müssen.

Jetzt erreichen die Anwürfe jedoch eine ganz andere Dimension. Ich habe eine Waffe bei jemanden erworben, bei dem ich sie aus der heutigen Sicht nicht hätte erwerben dürfen. Aber: Nicht der Erwerb war ein Fehler, sondern mein Umgang damit. Dafür entschuldige ich mich.

Es verletzt mich jedoch zutiefst und ist für mich eine extrem große Belastung, dass in der Berichterstattung irgendeine Nähe zu rechten Kreisen suggeriert wird. Ich kann diesen Vorwurf nur in aller Schärfe zurückweisen. Er ist schlicht absurd. Das Mediengeschäft ist jedoch erbarmungslos und leider allzu oft undifferenziert. Die Schlagzeilen haben sich in die Köpfe der Menschen eingebrannt.

Ich muss erkennen, dass ich in dieser Situation nicht mehr die nötige Autorität besitze, um das Amt des Innenministers mit ganzer Kraft bis zum September 2021 ausüben zu können.

Ich trete daher als Minister für Inneres und Europa mit Ablauf des heutigen Tages zurück.

Ich tue dies auch, um meine Familie, mein Umfeld und meine Mitarbeiter zu schützen. Die letzten Tage waren für alle eine unerträgliche Belastung und ich kann es vor mir nicht verantworten, die Menschen, die sehr viel für mich geopfert haben, weiterhin dieser Belastung auszusetzen. Ich möchte darüber hinaus Schaden von der Regierung, von der Koalition und letztlich damit auch vom Land abwenden.

Ich habe angesichts der völlig enthemmten Berichterstattung in den letzten Tagen natürlich Kritik, aber auch unglaublich viel Zuspruch erhalten. Viele Menschen bestärkten mich weiterzumachen. Es tut mir leid, dass ich diesem Wunsch als Innenminister nicht mehr nachkommen kann.

Ich werde aber das Mandat, das mir die Bürger in meinem Wahlkreis gegeben haben, auch in Zukunft ernst nehmen und mich für die Belange vor Ort einsetzen.

Ich habe meiner Heimat, dem Land Mecklenburg-Vorpommern, unglaublich gerne gedient. Es war mir eine große Ehre, meinen Beitrag zum Wohl der Menschen und für die Entwicklung des Landes zu leisten. Ich mag mein Land, ich mag die Menschen hier, ich mag ihre Mentalität. Ich werde die vielen Gespräche und persönlichen Begegnungen sehr vermissen.

Ich danke den Menschen in unserem Land für ihr Vertrauen. Ich danke den Mitarbeitern im Innenministerium für die gute Zusammenarbeit. Ich danke meinem Umfeld für die unerschütterliche Unterstützung auch in den schlimmsten Zeiten.

Ich wünsche Ihnen allen nur das Beste und passen Sie auf sich auf.”

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