Omikron in Hamburg – wann bröckelt die Wand?
Die Wand baut sich immer höher auf: Vor zwei Wochen galt noch eine Inzidenz von 500 als schockierend, inzwischen sind wir bei 1767,2 (Stand Samstag) und bei der Gruppe der Jugendlichen gar bei 2406 (Stand Freitag) – und wenn man den Modellierern glaubt, ist der letzte Stein in der Hamburger Omikron-Wand noch längst nicht gesetzt. Und wenn es soweit ist? Erleben wir dann, dass die Wand bröckelt? Gar einkracht wie in London und New York? Oder eher deichartig abflacht?
- Deutsch (Deutschland)
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Die Wand baut sich immer höher auf: Vor zwei Wochen galt noch eine Inzidenz von 500 als schockierend, inzwischen sind wir bei 1767,2 (Stand Samstag) und bei der Gruppe der Jugendlichen gar bei 2406 (Stand Freitag) – und wenn man den Modellierern glaubt, ist der letzte Stein in der Hamburger Omikron-Wand noch längst nicht gesetzt. Und wenn es soweit ist? Erleben wir dann, dass die Wand bröckelt? Gar einkracht wie in London und New York? Oder eher deichartig abflacht?
„Rein rechnerisch gehe ich davon aus, dass wir in Deutschland Inzidenzen erleben werden, wie es sie in Dänemark gab, so um 2000 bis hin zu 3000“, sagt Thorsten Lehr, Professor für Klinische Pharmazie an der Universität des Saarlandes und Entwickler des Covid-Simulators: „Wir sind auf dem Weg in die Durchseuchung und ob die harmlos verläuft, ist eine Wette auf die Zukunft.“ Laut Simulator wird die Zahl der Covid-Patienten auf den Normalstationen deutscher Krankenhäuser in der nahen Zukunft stark ansteigen: „Die Intensivstationen kommen mit einem blauen Auge davon.“
Das Problem: Steigt die Inzidenz bundesweit erheblich über 2000, dann sprengen die Massen an Tests die Kapazitäten der Labore: „Bei 3000 ist Schluss“, sagt Lehr zur MOPO: „Diese Inzidenz würden wir erreichen, wenn alle 2,5 Millionen Tests, die die Labore pro Woche maximal bewältigen können, alle positiv wären. Das wird aber nicht passieren. Im Moment sind 25 bis 30 Prozent positiv, die Berechnungen werden also bis 2000 gehen, vielleicht etwas höher.“
Davon ist Hamburg nicht mehr weit entfernt. Mitte, Ende Februar wird Deutschland den Höhepunkt der wandsteilen Welle erleben, so die übereinstimmenden Prognosen verschiedener Modelle. „Da Hamburg circa zehn Tage früher dran ist, ist auch mit einem entsprechend früheren Erreichen des Scheitelpunkts zu rechnen, also Anfang Februar“, so Corona-Modellierer Kai Nagel, Professor für Verkehrssystemplanung an der TU Berlin.
Wann bricht die Omikron-Wand zusammen?
Ob die Kurve danach auch bei uns so raketenhaft abstürzt wie sie hochgeschossen ist, das ist unklar. „Nach unseren Berechnungen werden die Zahlen weniger steil abfallen als sie angestiegen sind”, sagt Modellierer Lehr zur MOPO. In England und Frankreich hingegen gingen die Infektionen schlagartig zurück: „Dabei kann es dort nach meinen Berechnungen noch keine Durchseuchung gegeben haben“, so der Erfinder des Covid-Simulators. Eine Durchseuchung würde 70 bis 80 Prozent Infizierter voraussetzen.
Vielleicht gibt es aber eine hohe Dunkelziffer von symptomfrei Infizierten, vielleicht haben sich die Menschen auch ohne staatlichen Zwang eingeschränkt und so die Zahlen gedrückt. „Omikron ist unter den Virus-Varianten das Enfant terrible“, erklärt Thorsten Lehr die Probleme der Modellierer: „Es ist unberechenbarer als etwa Delta.“
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Ein Beispiel: In Bremen bilden die Infektionszahlen derzeit eine Art Plateau, der Covid-Simulator sagt ein Ende der Welle voraus. Aber auch Dänemark hat so eine Plateau-Phase erlebt – und nach zwei Woche ging es wieder steil nach oben. In London aber ging es nach der Plateau-Phase steil abwärts. „Unsere Modelle sind keine Glaskugel“, sagt Thorsten Lehr.
Fest steht nur, dass Hamburg noch einige Rekord-Inzidenzen erleben wird, bevor die Wand bröckelt, einstürzt – oder eben sanft abfällt wie ein Deich.