Nichts gelernt? So halten es Hamburger Unternehmen seit Corona mit Inlandsflügen
Vor Corona war es für viele Hamburger selbstverständlich: für ein halbstündiges Business-Gespräch von Hamburg nach Köln fliegen. Oder einen Kurzstreckenflug nach München in Kauf nehmen, um dort das Oktoberfest zu feiern. Dann kam die Pandemie, und es stellte sich die Frage: „Wie werden wir in Zukunft reisen?“. Rund zweieinhalb Jahre später zieht die MOPO Bilanz: Was hat sich verändert?
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Vor Corona war es für viele Hamburger selbstverständlich: für ein halbstündiges Business-Gespräch von Hamburg nach Köln fliegen. Oder einen Kurzstreckenflug nach München in Kauf nehmen, um dort das Oktoberfest zu feiern. Dann kam die Pandemie, und es stellte sich die Frage: „Wie werden wir in Zukunft reisen?“. Rund zweieinhalb Jahre später zieht die MOPO Bilanz: Was hat sich verändert?
Mitte März 2020 waren Flugreisen aufgrund von Coronabeschränkungen plötzlich kaum möglich. Doch laut Flughafen-Sprecherin Janet Niemeyer fliegen die Hamburgerinnen und Hamburger mittlerweile wieder, was das Zeug hält. Nur Geschäftsreisende scheinen zurückhaltender zu sein. „Grundsätzlich haben die Privatreisen nach den Lockdowns und Reisebeschränkungen deutlich schneller wieder angezogen als die Geschäftsreisen“, sagt Janet Niemeyer.
Hamburger Unternehmen halten sich seit Corona mit Flugreisen zurück
Hat also ein Umdenken in Hamburger Unternehmen stattgefunden? Die Techniker Krankenkasse (TK) setzt schon länger auf umweltbewusstes Reisen. „Unabhängig von der Pandemie waren Flüge auch vor Corona bei der Techniker die Ausnahme. Mitarbeiter reisen in der Regel mit der Bahn“, sagt Maren Puttfarcken, Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg.
Auch die Otto GmbH & Co KG hält sein Team dazu an, auf Flugreisen zu verzichten. „Wir bitten unsere Mitarbeitenden, vor jeder Reise zu prüfen, ob eventuell eine virtuelle Durchführung sinnvoll und möglich ist“, sagt Ingo Bertram, Pressesprecher bei Otto. Grundsätzlich werde den Mitarbeitern ans Herz gelegt, die Bahn zu nutzen.
Doch im Allgemeinen sind die Unternehmen sich einig: So ganz möchten sie nicht auf persönlichen Kontakt verzichten. „Auch wenn die Videotelefonie viele Vorteile mit sich bringt, können digitale Kanäle den persönlichen Austausch nicht komplett ersetzen. Ein persönliches Gespräch ist wichtig, um eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen“, so Puttfarcken von der TK.
Virtuelle Meetings vs. persönliche Treffen
Auch Ingo Bertram sagt: „Bei Vertragsverhandlungen, Konferenzen, Workshops oder auch Messen ist ein persönlicher Kontakt oft sinnvoller oder eben sogar zwingend notwendig“.
So sieht das auch die Hamburger Krankenversicherung HanseMerkur. „Wenn es um Themen der Zusammenarbeit, eine Vertragsverhandlung oder auch mal um kritische Themen geht, ist der persönliche Kontakt wichtig“, so Katrin Rieger, Bereichsdirektorin Reisevertrieb Deutschland der HanseMerkur. Sie bestätigt der MOPO, dass Dienstreisen im Unternehmen mittlerweile wieder zunehmen, auch Flugreisen.
Die HanseMerkur scheint damit nicht allein zu sein. Das zeigen Zahlen des Hamburger Flughafens. Im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden 21 Prozent aller Flugreisen von Geschäftsreisenden getätigt. „Wir beobachten, dass Geschäftspartner den persönlichen Kontakt wieder suchen und das Segment der Geschäftsreisen inzwischen stärker nachgefragt ist“, so Janet Niemeyer. Zudem steige die Nachfrage bei Inlandsflügen wieder.
Zum Vergleich: Vor Corona – im Jahr 2019 – wurden ab dem Hamburger Flughafen pro Tag rund 14.300 Inlandsflüge getätigt. Im ersten Pandemiejahr 2020 waren es dann im Schnitt 4700 Inlandsflüge pro Tag, 2021 nur rund 3000. In diesem Jahr (Januar bis September) sind laut Hamburger Flughafen bereits rund 6400 Inlandsflüge täglich gestartet.
Auswirkungen der coronabedingten Flugausfälle auf die Luftqualität
Dabei sorgte die Reduzierung des Flugverkehrs durch die Coronabeschränkungen für eine erhebliche Verbesserung der Luftqualität, wie das Umweltbundesamt der MOPO mitteilt. „Die Schadstoffemissionen des von Deutschland ausgehenden internationalen Luftverkehrs gingen im Jahr 2020 im Vergleich zum Jahr 2019 um 53 Prozent zurück“, so Frank Wetzel, Verkehrsexperte beim Umweltbundesamt. Diese Halbierung habe sich vor allem im Umfeld großer Flughäfen ausgewirkt.
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Wetzel nennt konkrete Lösungen für eine langfristige Reduzierung der Flugreisen: „Die Dämpfung der Flug-Nachfrage sollte in erster Linie durch den Abbau umweltschädlicher Subventionen, wie fehlende Kerosinsteuer, keine Mehrwertsteuer auf internationale Flüge erfolgen. Dazu sei die ambitionierte Einbindung in den Emissionshandel und die Bereitstellung von Alternativen, zum Beispiel Bahnverkehr, sinnvoll“ – Forderungen, die ganz klar an die Politik gerichtet sind.