• Nele Brebeck ist Pressesprecherin von „Fridays for Future“. Dass Hamburg nach Plänen des Senats erst 2050 klimaneutral werden soll, hält sie für viel zu spät.

Nele Brebeck von „Fridays for Future“: „Fühlt sich an wie ein Schlag ins Gesicht“

Nele Brebeck von „Fridays for Future“ schreibt in ihrem Gastbeitrag für die MOPO, warum die Hamburger nicht damit aufhören dürfen, für eine bessere Klimapolitik auf die Straßen zu gehen. Für den 21. Februar, dem Freitag vor der Bürgerschaftswahl, sind die nächsten Demonstrationen angekündigt.

Seit mehr als einem Jahr finden in Hamburg „Fridays for Future“-Demonstrationen statt. In dieser Zeit ist viel passiert: Wir haben mehrere Großdemonstrationen organisiert, Abgeordnete der Bürgerschaft getroffen, dem Umweltausschuss unsere Forderungen präsentiert. Am 20. September war sogar jeder 18. Hamburger mit uns zusammen auf der Straße.

Hamburg: Meeresspiegelanstieg bereitet Sorgen 

Eigentlich sollte man annehmen, dass unser Appell im Hamburger Rathaus angekommen sei. Doch offensichtlich ist das ein Trugschluss. Denn die Fortschreibung des Hamburger Klimaplans enthält nur ein geringfügiges Update des ursprünglichen Klimaplans von 2015. Fehlerbehebung? Fehlanzeige! Wenn es nach dem rot-grünen Senat geht, wird Hamburg erst klimaneutral, wenn in großen Teilen der Stadt bereits erste Konsequenzen des mit der Klimakrise einhergehenden Meeresspiegelanstiegs spürbar sind und der Weg zu noch viel weitreichenderen Veränderungen des Klimasystems unwiderruflich eingeschlagen ist.

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Urlaub auf Neuwerk oder Obst aus dem Alten Land: 2050 wird das Geschichte sein. Das zeigt eine interaktive Weltkarte der Organisation Climate Central, die veranschaulicht, welche Gebiete 2050 voraussichtlich von jährlichen Hochwassern betroffen sein werden. Dabei gilt für Hamburg dasselbe wie für Deutschland: Um das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten, müssen wir 2035 klimaneutral werden. Wir haben uns 2015 in Paris international dazu verpflichtet, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen – und schon damals hat die Wissenschaft unsere Politik ermahnt, weil die Klimaziele, die man sich gesetzt hatte, nicht ausreichend waren, um das Pariser Abkommen tatsächlich einzuhalten.

Unsere Erde: Schon jetzt zeigt der Klimawandel deutliche Spuren, besonders in Australien.

Unsere Erde: Schon jetzt zeigt der Klimawandel deutliche Spuren, besonders in Australien.

Foto:

imago images / Panthermedia

Umso weniger verständlich ist es, dass Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher bei der Präsentation des Klimaplans sagte: „Hamburg leistet damit (…) einen wichtigen Beitrag zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens.“ Zu Beginn der Fortschreibung des Klimaplans heißt es, dass die wichtigste Erkenntnis aus dem IPCC-Sonderbericht von 2018 die Notwendigkeit der Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels sei. Diese Aussage in einem Klimaplan zu lesen, dessen Maßnahmen und Zielsetzungen von vorne bis hinten nicht reichen, um die globale Erwärmung auch nur auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen, fühlt sich an wie ein Schlag ins Gesicht.

Klimaerwärmung: Ein halbes Grad hört sich nicht dramatisch an – ist es aber

Ein halbes Grad – das hört sich zunächst einmal wenig dramatisch an. Doch im Hinblick auf die globale Erwärmung macht dieses halbe Grad einen gewaltigen Unterschied: Das Risiko, dass so genannte Kipppunkte übertreten werden, steigt enorm. Wenn ein Kipppunkt überschritten wird, beginnt eine unumkehrbare Kettenreaktion, auf die wir Menschen keinen Einfluss mehr haben. Die Prozesse verselbstständigen sich, wenn Korallenriffe sterben, Gletscher schmelzen, Permafrostböden auftauen oder Wälder brennen. Ein Kipppunkt ist dann überschritten, wenn beispielsweise der Amazonasregenwald so weit abgebrannt ist, dass er sich nicht mehr erholen oder ein Permafrostboden so weit angetaut ist, dass ein vollständiges Abtauen nicht mehr verhindert werden kann.

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Die globale Erwärmung beträgt gerade einmal 1 Grad Celsius und schon jetzt sind die Konsequenzen fatal: In Australien wüten seit mehreren Wochen unkontrollierbare Waldbrände, die bereits 1,25 Milliarden Tiere das Leben gekostet haben. Auf fünf von sechs Kontinenten gab es im Jahr 2019 teils besonders verheerende Waldbrände, in Arktis und Antarktis schmilzt das Eis schneller als ursprünglich erwartet.

„Fridays for Future“: Nächste Demo in Hamburg am 21. Februar

Besonders die entwicklungsschwachen Länder haben mit den Auswirkungen von immer häufiger auftretenden Wetterextremen zu kämpfen. Sie leiden in besonderem Maße unter den Folgen einer globalen Erwärmung, zu der sie am wenigsten beigetragen haben. Und während die Klimakrise präsenter ist als je zuvor, baut die Politik weiterhin nur auf Maßnahmen, die nicht über den Placebo-Effekt hinaus wirken.

Nicht nachvollziehbar? Stimmt. Und genau aus diesem Grund streiken wir weiter. Auch am 21. Februar, dem Freitag vor der Bürgerschaftswahl. Denn die nächste Bürgerschaft wird die letzte sein, die noch etwas ändern kann. Zum Beispiel einen Klimaplan verabschieden, der tatsächlich die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens möglich macht, sowie ein Klimaschutzgesetz beschließen, welches, anders als das jetzige, dem Klimaschutz und nicht der Wirtschaft Priorität einräumt.

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