Radfahrer in Hamburg: eine positive Entwicklung, ein altbekanntes Muster
Wie verändert sich die Mobilität in der Hansestadt? Vor anderthalb Jahren, im November 2020, ging Hamburgs Radverkehrszählnetz mit inzwischen mehr als 90 automatischen Zählstellen an den Start. Das neue System mit Infrarot-Kameras sollte – im Gegensatz zu den bislang einmal im Jahr stattfindenen Pegelmessungen und der Dauerzählstelle an der Gurlittinsel – ein viel genaueres Rad-Bild ermöglichen. Jetzt gibt es die ersten Ergebnisse – mit einer sehr positiven Entwicklung, aber auch einem altbekannten Muster.
Die automatischen Zählstellen erfassen die Radfahrenden mithilfe von Wärmebildkameras, ohne sie dabei zu identifizieren. Verteilt sind sie über Hauptverkehrsstraßen, Velorouten und Nebenstrecken. Diese Zahlen sollen laut der Verkehrsbehörde als Grundlage für den zukünftigen Radverkehrsausbau dienen.
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Wie verändert sich die Mobilität in der Hansestadt? Vor anderthalb Jahren, im November 2020, ging Hamburgs Radverkehrszählnetz mit inzwischen mehr als 90 automatischen Zählstellen an den Start. Das neue System mit Infrarot-Kameras sollte – im Gegensatz zu den bislang einmal im Jahr stattfindenen Pegelmessungen und der Dauerzählstelle an der Gurlittinsel – ein viel genaueres Rad-Bild ermöglichen. Jetzt gibt es die ersten Ergebnisse – mit einer sehr positiven Entwicklung, aber auch einem altbekannten Muster.
Die automatischen Zählstellen erfassen die Radfahrenden mithilfe von Wärmebildkameras, ohne sie dabei zu identifizieren. Verteilt sind sie über Hauptverkehrsstraßen, Velorouten und Nebenstrecken. Diese Zahlen sollen laut der Verkehrsbehörde als Grundlage für den zukünftigen Radverkehrsausbau dienen.
Radfahren in Hamburg: Boom wegen Corona
Damit kann aber auch beobachtet werden, ob der vor allem durch Corona ausgelöste „Fahrrad-Boom“ weiter anhält: 2020 waren immerhin 33 Prozent mehr Radfahrer auf Hamburgs Straßen unterwegs als noch 2019. Vermutlich mieden mehr Hamburger die öffentlichen Verkehrsmittel, um nicht mit infizierten Menschen in Kontakt zu kommen. Bei den Öffis hat sich das inzwischen gedreht – erst vor einem Monat verkündete die Hochbahn jubelnd, dass die Fahrgäste wieder zurück seien.
Wie sieht es aber auf den Radwegen aus? Der Senat stellte auf Anfrage der grünen Bürgerschaftsabgeordneten Rosa Domm erstmals Zahlen vor, die der MOPO exklusiv vorliegen. Diese zeigen: Insgesamt hat der Radverkehr in den Monaten Januar bis Juni 2022 im Vergleich zu den gleichen Monaten im Jahr 2021 um 20 Prozent zugenommen.
Im Vergleich: Wo sind mehr Radfahrer unterwegs als 2021?
Besonders sticht die Frohmestraße in Schnelsen hervor – der dortige Radweg wurde erst vor anderthalb Jahren saniert, und das macht sich bemerkbar. 2022 fuhren dort an einem Tag 858 Radfahrer entlang, an einem durchschnittlichen Werktag im Jahr zuvor waren es knapp 22 Prozent weniger, also 663 gewesen. Damit ist der Radweg zwar im Vergleich zu den anderen Standorten noch immer ziemlich unpopulär – aber die Steigerung ist am größten.
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Mobilitätssprecherin Rosa Domm sieht einen eindeutigen Trend: „Die Hamburger:innen nutzen das Fahrrad immer häufiger, um in ihrem Alltag mobil zu sein“, sagt sie. Der absolute Hotspot ist die Krugkoppelbrücke an der Außenalster. In beide Richtungen sind hier 2022 durchschnittlich 10.119 Radfahrer pro Tag unterwegs. Dahinter reihen sich die Gurlittinsel an der Alster mit täglich 6701 gezählten Radlern und die Kennedybrücke mit 5180 Radfahren.
Leer und verlassen scheint hingegen die Veloroute an der Billstedter Hauptstraße zu sein, die bis zur Reclamstraße in Billstedt führt. Zur Reclamstraße fahren hier 147 Radfahrer pro Tag, in die Gegenrichtung sind es gerade einmal 87. Auch auf dem Radweg auf der Rahlstedter Straße bis zur Loher Straße sind in beide Richtungen im Schnitt nur 760 Radfahrer pro Tag unterwegs.
Die Zahlen zeigen ein altbekanntes Muster: Während sich in der Hamburger Innenstadt immer mehr Radfahrer tummeln, sieht es in den etwas äußeren Stadtteilen noch etwas mau aus. Das liegt einerseits daran, dass sich natürlich viel mehr Pendler aus allen möglichen Gebieten in der City treffen und andererseits fehlt es an den dezentralen Orten oft noch an geeigneter Infrastruktur.
Radfahren in Hamburg: Behörde will mehr Radwege bauen
„Die Zahlen sind zwar eine Bestätigung für unsere Rad- und Klimapolitik, aber auch ein klarer Auftrag, die Mobilitätswende schnell weiter voranzubringen“, sagt Domm. „Je mehr Menschen Fahrrad fahren, desto breiter und besser müssen die Radwege sein, damit alle sicher und komfortabel an ihr Ziel kommen.“ Dazu müssten noch mehr geschützte Radstreifen und sichere Kreuzungen gebaut werden – besonders für die äußeren Bezirke interessant.
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Die Verkehrsbehörde hat ihr selbstgestecktes Radwegausbau-Ziel 2021 allerdings verfehlt: 60 bis 80 Kilometer Radwege will Senator Anjes Tjarks (Grüne) jährlich neu bauen oder sanieren, perspektivisch sollen es sogar an 100 Kilometer werden. Doch nachdem er 2020 noch 62 Kilometer vermelden konnte, schrammte er ein Jahr später mit 56 Kilometern am Ziel vorbei. Zufrieden war Tjarks trotzdem: Es sei das zweitbeste Ergebnis überhaupt gewesen.