Mitten im Naturschutzgebiet: Hamburg schneidet Michael Otto Elbblick frei
Der herrliche Elbblick – das ist der Hauptgrund, warum Superreiche den Elbhang unterhalb der Elbchaussee als Wohnort bevorzugen. Einer, der das begehrte Flusspanorama täglich genießen kann, ist Versandhauskönig Michael Otto (79). Und dafür sorgt sogar die Stadt, indem sie für den Multimilliardär regelmäßig Bäume im Naturschutzgebiet (NSG) kappt!
Der herrliche Elbblick – das ist der Hauptgrund, warum Superreiche den Elbhang unterhalb der Elbchaussee als Wohnort bevorzugen. Einer, der das begehrte Flusspanorama täglich genießen kann, ist Versandhauskönig Michael Otto (79). Und dafür sorgt sogar die Stadt, indem sie für den Multimilliardär regelmäßig Bäume im Naturschutzgebiet (NSG) kappt!
Alles begann mit der empörten Meldung eines MOPO-Lesers. Er schickte auch gleich Bilder mit, auf denen zu erkennen war, dass diverse Buchen, Kiefern, Eichen und Birken vor der Villa von Michael Otto stark beschnitten worden waren.
Wieso Michael Otto ein verbrieftes Recht auf Elbblick hat
Die MOPO sah sich vor Ort um. Und stellte fest: Es gibt dort tatsächlich massiven Baumschnitt auf öffentlichem Grund. Zufall? Oder geschieht das alles tatsächlich, damit einer der reichsten Hamburger (Vermögen laut „Forbes-Magazin“ 9,1 Milliarden Euro) einen freien Elbblick hat? Ungläubig schickten wir eine Anfrage ans Bezirksamt Altona.
Von dort erhielten wir folgende Auskunft: „Das beschriebene Grundstück verfügt über ein notariell gesichertes Recht auf Elbblick.“ Und da das Bezirksamt an „einer fachlich einwandfreien Ausführung“ interessiert ist, werden die Baumschnitte auf öffentlichem Grund regelmäßig durch Mitarbeiter der Abteilung Stadtgrün des Amtes durchgeführt. „Recht auf Elbblick“ – das machte uns natürlich neugierig.

Vor mehr als 100 Jahren wollte die damals preußische Gemeinde Blankenese ihren Bürgern einen durchgehenden Elbwanderweg spendieren. Das Problem: Großgrundbesitzer, Adelige und reiche hanseatische Kaufleute besaßen die angrenzenden riesigen Grundstücke und die reichten damals bis an das Ufer der Elbe. Also bot die zum Kreis Pinneberg gehörende Gemeinde 40 bis 45 betroffenen Immobilienbesitzern einen Deal an: Sie sollten der Gemeinde einen schmalen Streifen ihrer riesigen Grundstücke schenken, damit dort der Wanderweg gebaut werden kann. Im Gegenzug erhielten sie ein ins Grundbuch eingetragenes Recht auf Elbblick. Dieses dann „Aussichtsgerechtigkeit“ oder „Elbgerechtigkeit“ genannte Sonderrecht wurde 1921 wirksam. 1952 soll das Recht sogar noch einmal neu vergeben worden sein – an die Bankiersfamilie Warburg.
Noch zeitgemäß? Keine Antwort von Michael Otto
Bürgermeister Max Brauer (SPD) schuf nach dem Zweiten Weltkrieg übrigens den heute so beliebten Rundweg um die Außenalster, indem er mit Hilfe der britischen Besatzungsmacht die Villenbesitzer vor allem am Harvestehuder Weg teilenteignete. Auch deren Grundstücke reichten damals noch bis ans Ufer der Alster. Der SPD-Politiker nahm ihnen die benötigten Streifen ihrer Grundstücke kurzerhand weg und schuf so den öffentlichen Harvestehuder Weg und das Alstervorland. Eine sicherlich kluge Maßnahme, die heute allen Hamburgern zugutekommt. Ein „Recht auf Alsterblick“ gab es damals im Gegenzug für die Villenbesitzer nicht.
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Aber zurück zu Michael Ottos schönem Elbblick. Er ist ja großer Naturfreund und auch für dieses starke Engagement im ökologischen Bereich erhielt der Versandhauserbe bereits 2006 das „Große Bundesverdienstkreuz mit Stern“. Die Umweltstiftung WWF benannte sogar das im Spessart neu entdeckte Habichtskraut nach dem Hamburger Naturförderer: „Pilosella ottonis“.
Ist denn bei so viel Engagement für Naturschutz und Nachhaltigkeit der Baumschnitt im Naturschutzgebiet nur für einen besseren Elbblick noch zeitgemäß? Darüber hätte die MOPO gern mit dem Hamburger Ehrenbürger und Initiator der „Hamburger Gespräche für Naturschutz“ gesprochen. Doch sein Sprecher Thomas Voigt reagierte auf eine Anfrage extrem ungehalten. Einen Kommentar gab er im Namen Michael Ottos nicht ab.
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Stattdessen erhielt die MOPO Anwaltspost. Dort war von einem schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte die Rede. Uns wurde eine kurze Frist gesetzt, eine Erklärung abzugeben, dass wir keinen Artikel veröffentlichen werden. Die MOPO ließ diese Frist verstreichen und verspricht ihren Lesern, sich von niemandem einschüchtern zu lassen.