Hamburgs riskanter Olympia-Plan: Spinnen die – oder jetzt erst recht?
Mal ehrlich: Waren Sie im vergangenen Sommer auch ganz froh, dass die Welt auf Paris und nicht auf Hamburg blickte? Zigtausende Pariser flüchteten aus ihrer Olympia-Stadt, um Sperrungen und massiven Sicherheitsmaßnahmen zu entgehen. In Hamburg dagegen war es ein entspannter, ruhiger Sommer. Viel zu ruhig, meinen sie im Rathaus. Und starten einen neuen Olympia-Versuch.
Ja, sind die verrückt geworden? Olympia in Hamburg, das galt nach der Klatsche beim Volksentscheid vor zehn Jahren als totes Pferd, besser absteigen als weiterreiten.
Olympia in Hamburg: Und wenn das Volk wieder „Nein“ sagt?
Überraschend stellte der Senat am Samstag sehr konkrete Pläne für eine neue Bewerbung vor. Bei vielen „Entscheidern“ ist schon eine echte Euphorie zu spüren. Olympia in Hamburg, jetzt erst recht? Eines muss man dem Senat lassen: Er hat den Mut, es noch mal zu probieren. SPD und Grüne gehen damit ein gehöriges Risiko ein. Sie können wenig gewinnen, aber viel verlieren.

Die WochenMOPO – ab Freitag neu und überall, wo es Zeitungen gibt!
Diese Woche u.a. mit diesen Themen:
- Kurztrips: Wie Sie mit dem Deutschlandticket für lau Urlaub im Umland machen können
- Schüsse auf Hamburgs Straßen: Diesmal traf es wohl einen Rockerboss
- Islamismus: Es häufen sich Beschwerden über Vorfälle an Schulen
- Humor in schweren Zeiten: Kann man über diesen Wahnsinn eigentlich noch lachen?
- Große Rätselbeilage: Knobelspaß für jeden Tag
- 20 Seiten Sport: Wie die HSV-Bosse den Torunarigha-Deal eintüteten, wie der Kiezklub nach dem Abgang von Guilavogui plant
- 20 Seiten Plan7: Das Japan-Filmfest Hamburg, Iggy Pop im Stadtpark & Kultur-Tipps für jeden Tag
Schließlich ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Bürger sich erneut erdreisten, mit einem mauligen „Nein“ an der Wahlurne den Sporttraum zu begraben. Denn warum sollte es dieses Mal anders laufen?

Vor zehn Jahren gab es eine regelrechte Olympiamanie in der Stadt. Alle Fraktionen bis auf die Linke trommelten für die Spiele, die Wirtschaft, die Kammern, die Vereine, viele Prominente warben monatelang, selbst die Medien (bis auf „Taz“ und MOPO) ließen alle professionelle Distanz fahren und sich mit täglichen Jubelberichten vor den Olympiakarren spannen. Kritikern wurden mangelnder Lokalpatriotismus, fehlende Weitsicht oder schlicht provinzielle Bräsigkeit vorgeworfen.
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Gebracht hat es nichts: Die Hamburger waren nicht überzeugt von den „Spielen am Wasser“, die in Wahrheit ein großes Infrastrukturprogramm im Kleid einer Sportveranstaltung gewesen wären und die Stadt über Jahre in eine gigantische Baustelle verwandelt hätten – samt explodierender Kosten und Zweifeln an der rechtzeitigen Fertigstellung.
Risiko: Olympia als abgehobener Elitentraum
Hat sich daran grundlegend etwas geändert? Einerseits nicht, schließlich werden die drängenden Probleme der Stadt – viel zu hohe Mieten, überall Baustellen, die soziale Spaltung – durch Olympische Spiele eher schlimmer als besser. Der Osten und Süden Hamburgs etwa spielen im Konzept bislang kaum keine Rolle. Das Risiko ist groß, dass die Pläne wieder als abgehobene Elitenträume wahrgenommen werden.

Andererseits ist die Situation heute fundamental anders: Vorbei ist die Zeit, als man mit dem IOC vor allem eine korrupte Funktionärstruppe verband und mit Olympia gigantomanische Bauprojekte, mit denen sich Autokraten ein Denkmal setzen wollen. Es gelten neue Anforderungen, Paris hat gezeigt, dass die Spiele in eine bestehende Stadtstruktur integriert werden können, ohne für zig Milliarden Euro Sportstätten zu bauen, die danach verfallen. Und die begeisternde EM dürfte manchen Skeptiker großer Sportveranstaltungen dann doch ins Grübeln gebracht haben.
Hamburg braucht eine ehrliche Olympia-Debatte – ohne Vorwürfe
Was es jetzt braucht, ist ein ehrlicher, respektabler Dialog in der Stadt über Vor- und Nachteile einer neuen Bewerbung, über mögliche Gewinner und Verlierer. Dass in der Bürgerschaft am Mittwoch die Skeptiker von einem Redner direkt als „Gegner Hamburgs“ tituliert wurden, macht leider nur bedingt Hoffnung. Am Ende haben, zum Glück, die Hamburger das letzte Wort.
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