Harte Urteile: Wie Polizei und Justiz bei den Koks-Lieferdiensten aufräumen
Für Konsumenten ist es so leicht wie Pizza bestellen, für Fahrer äußerst lukrativ: Ein Anruf reicht, und Koks-Taxis liefern die Drogen bis zur Haustür. Einige Jahre boomte das Geschäft. Dealer-Banden wähnten sich dank verschlüsselter Kryptohandys in Sicherheit – bis es europäischen Ermittlern gelang, die Daten des Anbieters EnCrochat zu knacken. Jetzt räumen Polizei und Justiz auf Hamburgs Straßen auf – die ersten Urteile haben es in sich.
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Für Konsumenten ist es so leicht wie Pizza bestellen, für Fahrer äußerst lukrativ: Ein Anruf reicht, und Koks-Taxis liefern die Drogen bis zur Haustür. Einige Jahre boomte das Geschäft. Dealer-Banden wähnten sich dank verschlüsselter Kryptohandys in Sicherheit – bis es europäischen Ermittlern gelang, die Daten des Anbieters EnCrochat zu knacken. Jetzt räumen Polizei und Justiz auf Hamburgs Straßen auf – die ersten Urteile haben es in sich.
Vier Männer hat das Landgericht Hamburg am Dienstag wegen Betreibens eines Kokain-Lieferdienstes zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Der Hauptangeklagte, ein 26-Jähriger, kaufte nach Überzeugung der Strafkammer zwischen April 2020 und Februar 2022 wöchentlich ein Kilo Kokain ein, portionierte es in sogenannten Tränen und organisierte die Fahrten der „Koks-Taxis“ per WhatsApp. Sein Gewinn lag in Millionenhöhe.
Das Urteil: vier Jahre Haft. Zudem muss er eine Strafe aus einem Urteil vom vergangenen Jahr verbüßen, die das Gericht auf drei Jahre und elf Monate reduzierte.
Hamburg: Landgericht verurteilt vier Männer wegen Betreibens eines Koks-Lieferdienstes
Die drei übrigen Angeklagten im Alter von 30, 31 und 34 Jahren waren als Ausfahrer tätig. Sie wurden wie der Hauptangeklagte wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln schuldig gesprochen und erhielten Haftstrafen von zwei Jahren und acht Monaten bis vier Jahre und fünf Monate.
Das Gericht ordnete außerdem die Einziehung der Gewinne an, die sich bei den Fahrern auf mehrere Hunderttausend Euro summieren, bei dem Hauptangeklagten aber fast 2,5 Millionen Euro erreichten. Der 26-Jährige habe das Kokain zum Kilopreis von 30.000 Euro eingekauft und zum Preis von 60.000 Euro verkauft.
Koks-Taxis: Dealer arbeiteten in Schichten
Die Angeklagten hätten ihre Drogengeschäfte wie einen Pizzalieferdienst organisiert, erklärte der Vorsitzende Richter. Die drei Ausfahrer hätten in Schichten gearbeitet und pro Tag 50 „Tränen“ – entsprechend 45 Gramm Kokain –ausgeliefert. „Die Kunden haben bestellt, wie sie sonst eine Pizza bestellt hätten“, sagte der Richter. Zugunsten der Angeklagten wertete die Kammer die Geständnisse aller vier Männer. Bis auf einen der Mitangeklagten seien sie auch nicht vorbestraft gewesen.
Der Richter wandte sich gegen eine Verharmlosung des Drogenhandels und sprach mit Blick auf die Taten von einem „Abgrund an Rauschgiftkriminalität“. Wenn der Handel mit Cannabis und Kokain zunehme, dürften Staat und Justiz nicht resignieren.
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Der Prozess ist einer von etlichen im Rahmen der EnCrochat-Ermittlungen. Bereits im vergangenen Juni wurden vier Personen vom Landgericht Hamburg wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Ihnen wurde vorgeworfen, zwischen September 2020 und Juli 2021 in unterschiedlichen Rollen Teil des Koks-Taxi-Betriebs gewesen zu sein. Sie erhielten Strafen von vier Jahren und vier Monaten bis zu vier Jahre und neun Monate.
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Am Kieler Landgericht läuft zur Zeit ein Prozess gegen fünf Männer, die einen Drogenlieferdienst im Raum Norderstedt (Kreis Segeberg) betrieben haben sollen. Etliche andere Urteile stehen noch aus.