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  • Foto: Florian Quandt

Kiosk-Zoff in Wilhelmsburg: Dieser Zettel regt einen ganzen Stadtteil auf

Wilhelmsburg –

In der Veringstraße in Wilhelmsburg musste vor kurzem der „Fähr Getränke“-Kiosk schließen, weil der Vermieter den Vertrag im August gekündigt hatte. Ein Grund für die Kündigung wurde Betreiber Serin S. nicht mitgeteilt, stattdessen wurde ein Zettel mit einer Botschaft in das Fenster gehängt. Dieser Zettel sorgt nun für große Aufregung. 

Ismail S., ist erschüttert. Die Schließung des Kiosks hat ihm den Boden unter den Füßen weggerissen. 25 Jahre gab es den Kiosk in Hamburgvor 13 Jahren zog er von der Fährstraße in die Veringstraße in Wilhelmsburg. „Dieser Laden war das Baby meines Vaters. Er ist nicht der Typ, der rumsitzt. Damals kam er aus der Türkei nach Deutschland, um uns Kindern mehr bieten zu können. Er hat den Laden mit meiner Mutter zusammen geführt, um uns zu versorgen”, erzählt Umut S. der MOPO. Er ist mit 28 Jahren das älteste der drei Kinder von Ismail S. Der verdrängte Kiosk-Besitzer ist nach Angaben seines Sohnes in die Türkei abgereist. Mit einem One-Way-Ticket. Ob und wann er wiederkommt, weiß keiner.

Kiosk in Wilhelmsburg: Mietvertrag gekündigt

Die Kommunikation zwischen Vermieter und dem Kiosk sei am Ende sehr kalt gewesen: „Wir haben gemerkt, dass wir unerwünscht sind.“ Und dann nach der Kündigung das: Im Laden wurde ein Zettel mit einer Nachricht von der Hausverwaltung angebracht: „Keine Kneipe, kein Kiosk, kein Ramschladen, keine Shisha-Bar, kein Handy-Laden, Wettbüro, kein ‘ich weiß noch nicht‘ erwünscht!!!!

Serin S.

Der Kiosk-Betreiber Ismail S. in seinem Laden – nach der Kündigung hat er Hamburg verlassen.

Foto:

Umut S.

Klarer Fall von Alltagsrassismus und Unverschämtheit, urteilen viele Wilhelmsburger und die Familie S. Auch in anderen geschlossenen Geschäften der Verwaltung in der Veringstraße hängen solche Zettel.

Hausverwaltung kommuniziert nur über einen Zettel im Ladenfenster

Die Empörung ist groß. In einer anonymen Mail an die MOPO beschwert sich ein Anwohner über diesen Zettel. Die Bedienung rassistischer Stereotype sei unerhört. Zudem thematisiert die Person das Interesse der Verwaltung an der Gentrifizierung des Stadtteils und beschuldigt ihn der Verdrängung solcher Läden. Dadurch wolle der Vermieter Platz für „schickere“ Läden und Restaurants schaffen.

Verwaltung äußert sich nicht

Der Vermieter war nicht erreichbar, die Hausverwaltung hat sich zu dem Vorfall nach mehrfacher MOPO-Nachfrage bisher nicht geäußert.

Kiosk

Der ehemalige Fähr Getränke Kiosk in der Veringstraße steht mittlerweile leer: „Eure Gier kotzt uns an“ steht in Rot auf den Scheiben.

Foto:

Florian Quandt

Braucht die Veringstraße den Kiosk denn? Tatsächlich befindet sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite direkt der nächste und auch von einem Mangel an Kiosken kann man in diesem Teil Wilhelmsburgs nicht sprechen: Es gibt so einige die ganze Straße entlang.

Weder das Interesse der Verwaltung an der Gentrifizierung noch die aktive Beteiligung daran sind illegal oder illegitim. Auch sie müssen mit dem Lauf der Zeit gehen. Vermieter gewerblicher Flächen sind zudem nicht verpflichtet, einen Kündigungsgrund anzugeben. 

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Doch um Illegalität oder Recht gehe es der Familie des Kiosk-Betreibers gar nicht: „Wir sind ja überhaupt nicht neidisch. Aber moralische Aspekte dürfen bei wichtigen Entscheidungen wie dieser nicht hintenüberfallen. Mein Vater hat in all den Jahren immer die Miete bezahlt, meine Geschwister und ich sind in diesem Laden großgeworden. Für ihn war dieser Kiosk alles. Immobilieneigentümer haben eine Verantwortung ihren Mietern gegenüber, denn Kündigungen können zu Existenzangst führen.“ 

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