• Zahlreiche Menschen genießen das schöne Wetter am Strand an der Elbe bei Övelgönne. 
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Hitze-Welle in Hamburg: Meteorologe: „Das ist nicht nur Sommer – das ist Klimawandel“

Über 30 Grad und Sonne – Hamburg erlebt seit Tagen Sommer pur. Aber ist das noch normal? Im Interview spricht Wetter-Experte Frank Böttcher mit der MOPO über Wetter-Rekorde, Trockenheit, den Klimawandel und das, was uns zukünftig noch so erwarten wird.

MOPO: Herr Böttcher, was ist an unserem Wetter in Hamburg gerade so besonders?

Frank Böttcher: Diese Hitzewelle hat uns noch relativ spät im Sommer hohe Temperaturen nach Deutschland gebracht und sie ist tatsächlich außerordentlich: Sie beschert uns an mindestens acht aufeinanderfolgenden Tagen Temperaturen über 30 Grad – und das ist ein neuer Rekord.

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Frank Böttcher

Foto:

picture alliance / Berthold Fabr

So viele aufeinanderfolgende Tage mit über 30 Grad hatten wir seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Hamburg noch nicht. Der alte Rekord mit sieben Tagen stammt aus dem Jahr 1994. Das war auch schon eine lange und große Hitzewelle, aber diese werden wir am Donnerstagnachmittag – wenn dann die 30 Grad überschritten werden – toppen.

In vergangenen Jahren hatten wir ja auch schon heiße Sommer. Wo ist der Unterschied?

Stimmt, es gab sehr viele Hitzewellen auch in den letzten Jahren, aber sie wurden durch kühlere Tage unterbrochen. Auf drei Tage mit 30 Grad folgten beispielsweise zwei Tage mit 25 Grad. Insbesondere in den letzten zehn Jahren haben die Hitzewellen in Hamburg und in Norddeutschland deutlich zugenommen, aber dass wir tatsächlich acht Tage am Stück über 30 Grad haben ist sehr ungewöhnlich und zeigt, dass die globale Erwärmung in Hamburg angekommen ist.

Ist denn der Klimawandel die Ursache für diese Hitze oder ist es einfach nur das Wetter?

Der Klimawandel steckt bei jedem Wetterereignis mit drin. Wenn wir heute eine Südwest-Lage haben, dann ist sie im Durchschnitt zwei Grad wärmer als noch vor 30 Jahren. Das führt dazu, dass die Temperaturen eben nicht bei 28 Grad hängen bleiben, sondern bis 30 Grad steigen. Und deshalb kann ich sagen: Ja, der Klimawandel steckt auch bei diesen Wetterlagen mit drin und ohne den Klimawandel hätte es so eine Reihe an hohen Temperaturen in Hamburg jetzt nicht gegeben.

Ist der Klimawandel schneller da, als wir erwartet hatten?

Der Klimawandel ist in Norddeutschland angekommen – und zwar in einer Weise, wie es auch vor zehn Jahren schon zu erwarten war. Wir erwarten bis 2050 eine Verdoppelung der Hitzetage im Sommer mit Temperaturen über 30 Grad. Waren es vor 30 Jahren noch etwa sechs Tage im Jahr, werden es 2050 etwa 12 sein.

Es wird also noch schlimmer?

Wir müssen davon ausgehen, dass wir noch deutlich mehr Hitzewellen im Norden und auch in der Hansestadt bekommen, und dass diese Hitzewellen sowohl in der Tagesanzahl länger andauern als auch von dem Temperaturen höher ausfallen, als es früher und auch heute der Fall gewesen ist. Also: Der Klimawandel in Hamburg – er ist da.

Was sind die Folgen dieser Hitzewellen? Trockenheit und Brandgefahr?

Mit den hohen Temperaturen steigt natürlich die Waldbrandgefahr – das ist ein Thema, das uns beschäftigt. Wenn es gewittert, gibt es zwar kurzzeitig Erleichterung, aber es gewittert eben nicht überall. Und dort, wo die Gewitter runterkommen, sind die Wassermassen größer als das, was die Kanalisation aufnehmen kann. Das heißt: Mit den Gewittern kommt es dann lokal zur Überschwemmungsgefahr. Auch das hängt mit dem Klimawandel zusammen: Eine Zunahme der trockenen Dürrephasen einerseits und eine Zunahme der Starkregenereignisse bei Gewittern mit möglichen Überschwemmungen andererseits.

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Und auch für uns Menschen ist die Hitze eine körperliche Belastung. Die Wärme staut sich in den Wohnungen und Gebäuden und wir können in den sehr warmen Sommernächten nicht gut schlafen – und somit sind wir ein bisschen müder als sonst.

Ist es denn in Norddeutschland derzeit zu trocken?

Die ersten Sommermonate waren in Hamburg eher feucht und somit besteht in Hamburg derzeit keine akute Wassernot. Man sieht aber schon, dass es in einigen Gegenden in Norddeutschland tatsächlich Wasser-Knappheit gibt, was auch davon begünstigt wird, dass viele Menschen wegen Corona auch in der Urlaubszeit zu Hause geblieben sind. Im Moment würde ich die Lage noch nicht als kritisch bezeichnen.

Wann wird es denn wieder regnen?

Die Hitzephase wird bis Freitag andauern – da werden wir in der Hansestadt Temperaturen zwischen 28 und 31 Grad haben. Dann wird es ein wenig Abkühlung und immer mal wieder Regen geben.

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Gerade bei Gewittern trifft allerdings heftiger Regen auf trockenen Boden und das Wasser wird oberirdisch abgeführt – so kann es zu Erosionen, Abspülungen und Überschwemmungen kommen. Besser wäre ein gleichmäßiger, leichter Regen über zwölf Stunden über die Stadt verteilt – das ist aber noch nicht in Sicht.

Können wir etwas gegen die Hitzewellen tun?

Wir haben keine Möglichkeiten der konkreten Wetterbeeinflussung und auch durch andere Maßnahmen können wir das Wetter nicht kurzfristig verändern. Wir können uns nur schützen und anpassen.

Video: Hitzewelle in Hamburg – an diesen Orten können Sie das Wetter genießen

Aber die wichtigste Aufgabe bleibt: Um langfristig die Anzahl der Hitzewellen übersichtlich zu halten, dürfen die Temperaturen nicht weiter ansteigen. Wie im Pariser Rahmenabkommen vereinbart ist, müssen die CO2-Emissonsziele eingehalten werden und eine Reduktion der globalen Temperatur auf ein für uns Menschen nicht zu gefährliches Maß erfolgen. Die Erwärmung darf gegenüber der vorindustriellen Zeit um nicht höher als zwei Grad sein – besser noch, nicht höher als 1,5 Grad.

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