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Etiql
  • Moritz Offeney ist Mitgründer des Hamburger Fashion-Startups etiql.
  • Foto: Röer

Dieses Hamburger Start-up will die Modewelt umkrempeln

Ein Hamburger Fashion-Startup will’s wissen: „Es wird Zeit die Konsum-Welt, wie wir sie bislang kennen, grundsätzlich umzuwälzen“. Ein verdammt hoher Anspruch, kann „etiql“ dem tatsächlich gerecht werden?

Hin zu mehr Langlebigkeit und weg von der Wegwerfgesellschaft. Schluss mit fortwährend kürzeren Lebenszyklen von Produkten. „etiql“ bietet Produkte zu Herstellerpreisen  an, ohne die klassischen Margen der Einzelhändler und anderer Kosten. „Wir machen keinen Profit am Verkauf von Produkten, vielmehr verlagern wir unseren Profit auf Services“, sagt Moritz Offeney (41).

Er ist neben Marco Reiter (36) einer der beiden Gründer, sie kennen sich seit mehr als zwölf Jahren. Offeney lebt derzeit in Hamburg, Reiter in Mailand. „Wir haben unter teilweise sehr herausfordernden Bedingungen über fünf Jahre zusammengearbeitet, dabei haben wir so ziemlich jeden Fehler gemacht, den man so machen kann“, sagt Offeney in seiner lakonischen Art.

Podcast Grüne Gründer: Fashion-Startup Etiql

Jetzt wollen sie „ein Business aufbauen, bei dem wir unseren Anteil an Nachhaltigkeit in der Mode fest im Blick haben.“ Wir sind im etiql-Office in der Hafen-City, unweit der Elbphilharmonie. Zur Erklärung: etiql ist die assoziative Abkürzung des englischen Wortes ethical, also ethisch, will sagen: Mode hat heute mehr denn je einen Anspruch zu erfüllen – etwa jenen, dass eben nicht mehr irre 60 Prozent an in einem Jahr produzierter Kleidung auf weltweiten Mülldeponien endet. Mal abgesehen, dass zur Produktion einer herkömmlichen Jeans absurde 10.000 Liter Wasser benötigt werden.

Erste Start-up-Idee in Mailand

Bevor Moritz Offeney ins Mode-Business kam, wollte der gebürtige Niedersachse Tierarzt werden. „In jungen Jahren bin ich professionell in der Vielseitigkeit geritten. Allerdings kam ich mit dem Gedanken an den Tod von Tieren nicht gut zurecht.“ So folgte er dem Beispiel seines Vaters und studierte Jura, inklusive des zweiten Staatsexamens. „Das war jedoch kein Studium voller Passion, eher eine rationale Entscheidung. Danach habe ich in Mailand noch einen MBA mit Fokus auf Business & Finance gemacht“, dort hat er seinen Geschäftspartner und Freund Marco kennen- und schätzen gelernt.

In Mailand hatten sie ihre erste erfolgreiche Start-up-Idee, erzählt der Gründer. Sie erfanden die Schuhmarke Scarosso, produzierten hochwertige Damen- und Herrenschuhe, „nach fünf Jahren mehr als 55.000 Paar Schuhe pro Jahr“. Und weil sie den Zwischenhandel umgingen, konnten sie ihre edle Fußbekleidung günstiger als die Konkurrenz aus dem Luxussegment verkaufen, in Shops und online.  Bis Scarosso von einem englischen Private Equity Fonds übernommen wurde und heute erfolgreich von einer Mailänder Markengruppe geführt wird.


Grüne Gründer – eine Aktion von MOPO und About You Gummig
Grüne Gründer – eine Aktion von MOPO und About You

10.000 Euro für Projekte mit Zukunft

Wie kommt man drauf? Wie funktioniert das? Wie hält man das durch? Wofür braucht man das? Die MOPO und About You stellen Hamburger Macher:innen und ihre nachhaltigen Start-Ups vor. Jeden zweiten Freitag in der Zeitung. Und im Netz unter mopo.de/gruenegruender. Hier gibt’s auch den Podcast im Elevator-Pitch-Format. Im Herbst küren die MOPO und About You-Mitgründer Tarek Müller das vielversprechendste Projekt von allen vorgestellten Gründer:innen. Es gibt ein Preisgeld von 10.000 Euro.


„Wir haben in der Zeit bis zu 18 Stunden am Tag gearbeitet, forderten uns und unser gesamtes Umfeld auf das Äußerste“, sagt Offeney und fügt nachdenklich hinzu: „Man ist eigentlich nur noch ein Getriebener.“ Heute hat er mehr Geduld mit sich: „Erfolg lässt sich nicht erzwingen und wenn, dann ist er nicht von gesunder Dauer. Mit etiql ist es unsere Verantwortung, dass wir nicht nur ein nachhaltiges Unternehmen aufbauen, vielmehr müssen wir die Interessen aller im Blick haben, dazu gehören auch die Produzenten – und unser Planet.“

Die Prinzipien von etiql? „Mode von hoher Qualität sollte kein Luxus sein. Das Design sollte zeitlos schön sein. Unsere Produkte sollen stets qualitativ langlebig sein und wir bieten in Zukunft Services wie Reparaturen und Wiederverkauf an“, skizziert Moritz Offeney das Start-up – und das klingt begeistert. Zudem wird nur in Europa produziert. Nicht zu vergessen: die Preise von etiql sind  bis zu 50 Prozent günstiger als vergleichbare Produkte aus dem Einzelhandel. Einen Rollkragenpullover in „Cotton-Cashmere“ gibt es etwa für 75 Euro. „Wir wollen mehr Konsumenten die Möglichkeit geben Produkte mit hoher Qualität zu tragen, so kann man den Trend von Fast-Fashion und der Wegwerfgesellschaft brechen.“


Röer
Etiql

    Zahlen, Daten, Fakten über „etiql“

Idee: 2020

Gründung: 2021

Startkapital: 25.000 Euro

Mitarbeiter: 15

Und in fünf Jahren? Die Anzahl der Mitarbeiter ist nicht relevant für den Erfolg. Wir wünschen uns, richtige Talente
mit richtigem Herz zu finden.


Nach der zweiten just abgeschlossenen Finanzierungsrunde geht es in Richtung Erweiterung des Lifestyle-Sortiments: Bad, Schlafzimmer, Living oder Reise-Accessoires. Und immer sind es Produkte zu Herstellungspreisen. Noch hat das Team die übersichtliche Zahl von 15 Köpfen, das wird sich sicher nach oben ändern, „aber wir wollen mit aller gebotenen Umsicht wachsen“, meint Moritz Offeney. Der ehemalige Reiter: „Die Langstrecke besteht man nur mit Ausdauer, Geduld und Kreativität. Nicht mit einem Koste-Es-Was-Es-Wolle-Kapitalismus. Der muss passé sein.“

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