Hier wird ein altes Tagungshotel zum Gamer-Paradies
Fernsehturm, Mundsburg Tower, das „Hamburger Ding“ auf dem Kiez – es gäbe viele Orte, an denen Tomislav Karajica, Hamburgs derzeit wahrscheinlich umtriebigster Projektentwickler, zum Interview laden könnte. Aber die MOPO trifft ihn in einem alten Tagungshotel der Telekom in Nettelnburg. „Rcadia“ heißt das Riesengebäude inzwischen und soll zum Hotspot der europäischen Gamer-Szene werden. Karajica erzählt, wie er das anstellen möchte.
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Fernsehturm, Mundsburg Tower, das „Hamburger Ding“ auf dem Kiez – es gäbe viele Orte, an denen Tomislav Karajica, Hamburgs derzeit wahrscheinlich umtriebigster Projektentwickler, zum Interview laden könnte. Aber die MOPO trifft ihn in einem alten Tagungshotel der Telekom in Nettelnburg. „Rcadia“ heißt das Riesengebäude inzwischen und soll zum Hotspot der europäischen Gamer-Szene werden.
„Arkadia“ wird der Name ausgesprochen, wie Arkadien, jener mythische Ort der Glückseligkeit. Im Foyer steht Tomislav Karajica, Gründer der Imvest-Gruppe, 45 Jahre, groß, breite Schultern, stabiler Kampfsportler-Stand. Der Mann war in seiner Jugend Karatemeister, Sport ist immer noch sein Ding. Sport und Immobilien und etwas E-Commerce mit Brillen („Edel Optics“, gegründet 2009 mit einem Schulfreund).
Als Teenager half Tomislav, Sohn kroatischer Gastarbeiter, beim Bau des Elternhauses in Stellingen und fand soviel Spaß an Baugruben und Mauernziehen, dass er danach Bauingenieurswesen studierte und über die Jahre zum großen Player auf dem Markt der Hamburger Immobilienentwicklung wurde, zum Arbeitgeber für rund 250 Menschen. Wieviel er schon investiert hat? Wie genau er zum Selfmade-Millionär wurde? Die Antworten bleiben vage: „Stein auf Stein, wie ein Haus“ habe sich sein Vermögen entwickelt.
Mekka für Zocker: „Rcadia“ in Nettelnburg
Dabei ist Tomislav Karajica bei den richtigen Themen keineswegs ein einsilbiger Gesprächspartner. Im Moment brennt der Vater zweier Kinder (15 Jahre/ 4 Monate) fürs Gaming, für die Gemeinschaft der Computerzocker, die größte Community der Welt, die hier, am Rande von Bergedorf, einen Ort der Glückseligkeit finden soll. Arkadien halt. Ein Rundum-sorglos-Paradies in der echten Welt für die Bewohner der virtuellen Welt. 20.000 Quadratmeter groß, einmalig in Europa.
Oben Hoteletagen, unten virtueller Freizeitpark, ein riesiges Forum für E-Sport-Turniere mit hunderten Teilnehmern (Karajica: „Da sitzen dann Millionen Menschen auf der ganzen Welt vor ihren Rechnern und sehen Bilder aus den Rcadia in Nettelburg“). Dazu „Bootcamps“, also Trainingsräume für E-Sport-Teams, die für Nicht-Eingeweihte aussehen wie schwarze Räume mit Bildschirmen, tatsächlich aber Trainingslager sind für Teams, deren Spieler den Rest des Jahres irgendwo auf der Welt einzeln vor ihren Bildschirmen sitzen.
Oben, im Hoteltrakt, haben die „Unicorns of love“ bereits ihr Hauptquartier bezogen, deren „League of Legends“-Team Millionen Fans hat und zu den besten 16 Teams weltweit gehört. Karajica, der Karatemeister und Fußball-Fan (die Clubs Viktoria Berlin und Austria Klagenfurt gehören ihm) ist „total fasziniert“ von dieser E-Sport-Welt, in der die Vereine keine Abteilungen für Handball oder Leichtathletik haben, sondern für „League of Legends“ oder „Fifa“. Und in der es Stars gibt, die eine Strahlkraft haben wie Messi für den Fußball. In dieser Welt also soll Nettelnburg nun der Nabel werden, zumindest für Europa.
Tomislav Karajica: Fernsehturm, Mundsburg Tower, Elbdome und ein „Ding“
Darüber möchte Tomislav Karajica sprechen, trotzdem hier eine kurze Zusammenfassung seiner anderen Projekte, damit klar ist, in welcher Leuchtturm-Liga der Immobilienbranche der „Hamburger Jung“ („Ich bin hier geboren und wollte nie woanders sein“) sich bewegt.
Karajica ist Gesellschafter bei den „Hamburg Towers“, dem Wilhelmsburger Basketball-Team, das seit Neuestem international spielt, und für das er den „Elb-Dome“ plant, eine Mega-Arena, für die gerade ein Standort gesucht wird. Zwei Planungen sind schon geplatzt, in der HafenCity und auf der Veddel, weil die Stadt dann doch etwas anderes bauen wollte. Aber sollten den Unternehmer die vergeblichen Mühen ärgern, lässt er sich das nicht anmerken: „Die Stadt unterstützt mich sehr.“
Mit seiner Firma Home United ist Karajica auch an der Wiederbelebung des Fernsehturms beteiligt. Offiziell wird noch an dem Eröffnungstermin Ende 2023 festgehalten, obwohl die Themen Brand- und Denkmalschutz doch mehr Nerven gekostet haben als erwartet.
Auf dem Kiez, am Nobistor, hat er aus einem ehemaligen Möbelhaus das „Hamburger Ding“ entwickelt, eine Art Bürogebäude für Menschen, die kein Büro mehr brauchen, sondern Co-Working-Spaces, Sportbereiche, Zocker-Ecken und Eventflächen für After-Work-Partys. Unten ist Astra mit einer Mikro-Brauerei. Wer hier arbeitet, muss tatsächlich nur noch zum Schlafen nach Hause.
Das Konzept ist dermaßen erfolgreich, dass sein Unternehmen jetzt auch in anderen Städten „Dinger“ baut. Auch der Mundsburg-Tower, eines der drei berühmten Hochhäuser, gehört zu Hamburgs Karajica-Projekten und wird nach dem „Ding“-Konzept gestaltet. Nur, dass drüber auch noch Wohnungen sind: „Das wird eine Gesamtwelt, in der man leben, arbeiten, feiern kann. Man muss das Haus gar nicht mehr verlassen“, sagt Karajica. 90 Millionen soll die Investitionssumme betragen, was der Unternehmer nicht kommentiert.
Eine „Welt“, die die Gäste am besten tagelang nicht verlassen, das soll auch das „Rcadia“ werden, mit einer Investition von (ebenfalls nicht bestätigten) 50 Millionen Euro: „Wir erschaffen hier eine E-Sport-Gamingwelt, wie es sie in ganz Europa nicht gibt“, sagt Karajica. Das Interview findet in dem kleinen Hotelkino statt, das, wie vieles anderes aus den Telekomzeiten, erhalten bleibt.
Auch dass das Hotelfoyer noch den Charme der 70er Jahre verströmt, ist beabsichtigt: „Warum sollte man das hier alles abreißen und neu bauen?“ Ein paar bunte Neonröhren an den Wänden und eine lebensgroße Figur aus einem Computerspiel zeigen aber schon mal, das hier gerade etwas passiert. Alte Gebäude in die Welt von heute holen, das liebt er.
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Ein paar Schritte hinter dem Foyer, in einstigen Seminarräumen, entstehen virtuelle Spielwelten: Wenn alles fertig ist, sollen die Hotelgäste (und auch Tagesbesucher) sich den ganzen Tag in dem digitalen Vergnügungspark aufhalten, in virtuelle Realitäten abtauchen, an Flugsimulatoren in den Himmel steigen oder als Rennfahrer über die Piste rasen. Ein bisschen wie Las Vegas: zocken, schlafen, zocken.
Wobei die kleinen Hotelzimmer eher wie Hostelkammern mit Bad wirken, was aber gegenüber den frühen Treffen der Szene auf L-Partys ein gigantischer Luxus ist: Hier muss sich keiner mehr unterm Tisch zusammenrollen.
Nettelnburg auf dem Weg zum Las Vegas der Computergamer? Im März sind die Wochenenden im Zocker-Arkadien jedenfalls schon mal ausgebucht.