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  • Ein Besuch des Hamburger Planetariums ist ein Erlebnis. 1930 wurde es eingeweiht und feierte vorgestern 90. Geburtstag.
  • Foto: Jan Rasmus Lippels

Der Tag, an dem…: Als in Hamburg die Reise durchs Universum begann

Mehr als 20 Meter Durchmesser hat die Kuppel – eine gigantische Größe. Der Besucher nimmt, sobald er den Sternensaal betreten hat, auf einem der Liegesessel Platz. Dann erlischt das Licht, und während sphärische Musik erklingt, zaubert ein Projektor Planeten, ja, ganze Galaxien in den künstlichen Himmel. Der Besucher des Planetariums darf sich tatsächlich ein bisschen fühlen, als säße er als Astronaut in einem Raumschiff – auf einer Reise durch den Kosmos, auf den Spuren unseres Ursprungs und unserer Zukunft.

Zurzeit ist Hamburgs Planetarium im Stadtpark aus bekannten Gründen geschlossen. Der 90. Geburtstag vorgestern konnte leider „nur“ virtuell begangen werden.

1916 wird das Gebäude am Rande des Stadtparks fertig: Damals handelte es sich noch um einen Wasserturm.

1916 wird das Gebäude am Rande des Stadtparks fertig: Damals handelte es sich noch um einen Wasserturm.

Foto:

imago/imagebroker

Aber immerhin hat Direktor Professor Thomas W. Kraupe ein umfangreiches Festprogramm auf digitale Beine gestellt – mit virtuellem Rundgang, einem Auftritt von Rolf Zuckowski und einem Reigen an Grußbotschaften, angefangen bei Kultursenator Dr. Carsten Brosda bis hin zum Bürgermeister. Ihren Höhepunkt fanden die Geburtstagsfeierlichkeiten bei einem Galaabend mit einem festlichen Sternenkonzert – als Streaming-Event, live aus dem Sternensaal.

Hamburger Planetarium feiert 90. Geburtstag

90 Jahre Planetarium. Dabei reicht die Geschichte noch viel weiter zurück. Nämlich mehr als 100 Jahre. Damals, während der Erste Weltkrieg tobt, wird das Gebäude errichtet, das dann 1916 in Betrieb geht, zunächst allerdings als schnöder Wasserturm. Bis er 1924 von modernen Pumpwerken „arbeitslos“ gemacht wird, versorgt er die Einwohner Winterhudes zuverlässig mit Trinkwasser.

Querschnitt durch den „Wasserturm“: Projektionskuppel (von oben nach unten), Sternensaal, Galerie, Foyer mit Gastronomie.

Querschnitt durch den „Wasserturm“: Projektionskuppel (von oben nach unten), Sternensaal, Galerie, Foyer mit Gastronomie.

Foto:

Planetarium HH

1929 stimmt die Bürgerschaft der Nutzung des Wasserturms als Planetarium zu und noch im selben Jahre beginnt der Umbau. Am 30. April 1930 ist alles fertig. Das Haus, das anfangs unter der Oberaufsicht der Hamburger Schulbehörde steht, wird feierlich eröffnet. Bildung steht damals klar im Vordergrund: Es geht um die Vermittlung von astronomischem Grundwissen an Schüler aller Altersstufen. Dazu passt auch die Inneneinrichtung, die noch recht unbequem ist und aus hölzernen Stühlen und Bänken besteht – ein bisschen wie in der Schule eben.

So entstand das Planetarium

Die Entstehungsgeschichte des Planetariums ist eng mit dem deutsch-jüdischen Kunsthistoriker Aby Warburg verknüpft, der als einer der bedeutendsten geisteswissenschaftlichen Impulsgeber des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts gilt. Er selbst sieht sich schon als Leiter des neuen Planetariums, konzipiert eine „Bildersammlung zur Geschichte von Sternglaube und Sternkunde“, die dann auch tatsächlich zur Eröffnung des Hauses gezeigt wird – leider ist Warburg da schon einige Monate tot.

Werbeplakat vom Anfang der 30er Jahre. Eintritt: 1 Reichsmark, Kinder die Hälfte.

Werbeplakat vom Anfang der 30er Jahre. Eintritt: 1 Reichsmark, Kinder die Hälfte.

Foto:

Staatsarchiv HH

Zwei Weltkriege übersteht Hamburgs „Haus der Sterne“ weitgehend unbeschädigt, allerdings verändert sich nach und nach das Konzept. Schon Erich Übelacker, der das Haus von 1975 bis 2000 leitet, experimentiert mit Multimediashows, bei denen statt des Sternenhimmels Musik und visuelle Effekte im Vordergrund stehen. Auch klassische Konzerte unterm künstlichen Sternenhimmel kommen zur Aufführung. Der Schwerpunkt liegt jetzt auf einer Kombination aus Wissenschaft, Kultur und Unterhaltung.

Hamburgs Planetarium ist ein „Kreuzfahrtschiff der Sinne“

Seit 2000 leitet der Astrophysiker Professor Thomas W. Kraupe das Haus, das er vor allem als „Sternentheater“ betrachtet wissen will – als „lebendige Begegnungsstätte von Kunst, Kultur, Wissenschaft und Natur“, wo „Herz und Verstand, Emotion und Intellekt gleichermaßen“ angesprochen werden. Das Planetarium sei „ein einzigartiger Denkraum“, so Kraupe, „der den Menschen hilft, sich im unendlich großen Raum und im Meer der Zeit zu verorten“.

Der Sternensaal mit der anfänglich noch hölzernen Bestuhlung. Die Kuppel hat einen Durchmesser von 20 Metern.

Der Sternensaal mit der anfänglich noch hölzernen Bestuhlung. Die Kuppel hat einen Durchmesser von 20 Metern.

Foto:

Staatsarchiv HH

Als „Kreuzfahrtschiff der Sinne“ bietet das Planetarium außergewöhnliche Ausflüge in das Universum und erklärt die großen Zusammenhänge unserer Erde mit dem Kosmos. Dank neuer, weltweit einzigartiger technischer Ausstattung können die Zuschauer die Sterne und Planeten buchstäblich „zum Greifen nah“ erleben. Das Planetarium Hamburg ist das erste Sternentheater weltweit, in dem 3D-Bild und 3D-Sound zu einem eindrucksvollen Rundum-Erlebnis verschmelzen.

Hamburgs Planetarium wird aufwändig umgebaut

2015 und 2016 wird das Gebäude aufwendig umgebaut. Dem bisherigen einstöckigen Foyer wird eine zweite untere Ebene hinzugefügt. Dadurch erweitert sich die Nutzfläche erheblich. Um zusätzliche barrierefreie Eingänge in die neue untere Ebene des Foyers zu schaffen, wird das ringförmige Fundament des „Wasserturms“ an drei Seiten durchbrochen. Die obere Ebene des Foyers mit dem Zugang zum Sternensaal ist jetzt auch über einen neuen gläsernen Fahrstuhl erreichbar. Das 1930 erstellte Deckengemälde, das den mythologischen Sternenhimmel und Goethes Gedicht „Dämonen“ zeigt, wird restauriert.

Thomas W. Kraupe ist stolz darauf, dass Hamburgs Planetarium nicht nur eines der dienstältesten weltweit ist, sondern auch das erfolgreichste im gesamten deutschsprachigen Raum. Vielen Millionen Menschen hat es bereits den Kosmos nähergebracht. Jährlich zählt das Planetarium 300 000 Besucher – und das wird hoffentlich auch wieder so sein, wenn der Shutdown erst beendet ist.

Den neuen historischen Podcast „Der Tag, an dem“ finden Sie jeden Sonntag ab 10 Uhr hier: 

Klicken, zurücklehnen und genießen. Hamburgs Geschichte zum Anhören.

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