• Ein Rhesus-Affe im Max-Planck-Institut in Tübingen (Symbolbild). Für die Corona-Impfstoff-Forschung wurden Tierversuche an Affen durchgeführt.
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Debatte um Tierversuche: Affen müssen für unseren Corona-Impfstoff sterben

Noch nie zuvor haben Menschen auf der ganzen Welt so sehr auf die Entwicklung eines Impfstoffes gehofft. In Hamburg werden die Messehallen bereits als Impfzentrum hergerichtet. Worüber kaum gesprochen wird: Für eine Zulassung sind Tierversuche Pflicht. So wurden für den Corona-Impfstoff von BioNTech bereits Versuche an Rhesusaffen durchgeführt. Das Unternehmen hatte Glück und war früh dran. Denn weltweit reißen sich jetzt die Firmen um Test-Affen für die Impfstoff-Forschung. Die Tiere sind bereits extrem knapp, China hat den Export gestoppt, berichtet die Initiative „Tierversuche verstehen“.

Der Durchbruch in der Impfstoff-Entwicklung wurde Anfang November auch in Deutschland jubelnd gefeiert: BioNTech aus Mainz hat es geschafft, bei seinem Impfstoff eine Wirksamkeit von mehr als 90 Prozent zu erreichen! Deutschland hat bereits gewaltige Mengen Impfstoff geordert. Angela Merkel kündigte vergangene Woche an, dass die Zulassung wohl noch im Dezember oder bald nach der Jahreswende erfolgen werde. Und dann startet der Impf-Marathon.

Corona-Impfstoff: Tierversuche an Affen. Neue Akzeptanz?

Endlich impfen. Endlich Schluss mit Lockdown und der Angst vor einer noch größeren Zahl an Corona-Toten. Geöffnete Restaurants und Kinos und keine Quarantäne-Notstände mehr. Die Hoffnung auf den Impfstoff ist in der Bevölkerung riesig, die aktuelle Belastung enorm. Da wundert es nicht, dass Tierversuche gerade kein Thema sind. Dabei geht es hier um Primaten, an denen getestet wird.

Ratte im Tierversuch.

Für einen Corona-Impfstoff wurde auch an Ratten und Mäusen getestet.

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Gerade in Hamburg sind Tierversuche zuletzt ein großes Thema gewesen. Tausende demonstrierten immer wieder für die Schließung der Versuchslabors von LPT in Neugraben und Mienenbüttel (Landkreis Harburg). Was auch zeitweise gelungen war. Doch die Versuche am Hamburger Standort von LPT laufen langsam wieder an. Es geht um Giftigkeitstests an Mäusen und Ratten.

LPT-Labor bei Hamburg: Standort geschlossen

Der Standort in Mienenbüttel, wo an Hunden und Affen getestet wurde, wird geschlossen. Die Behörden hatten der Einrichtung die Genehmigung entzogen, nachdem gravierende Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bekannt wurden. Eine angestrengte Klage hatte LPT dann plötzlich zurückgezogen. Sicher nicht zuletzt wegen des massiven Drucks aus Bevölkerung und Politik. Nun soll die Anlage an Tierschutz-Organisationen übergeben und als Auffangstation für Fundtiere genutzt werden.

Tierversuche in Hamburg: Ein Affe wird für einen Versuch fixiert.

Tierversuche bei LPT in Hamburg: Ein Affe wird für einen Versuch fixiert.

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SOKO Tierschutz/Cruelty Free International

Wäre ein Verzicht auf Tierversuche auch bei der Suche nach einem Corona-Impfstoff möglich und erstrebenswert gewesen? Immerhin sind große Teile der Bevölkerung gegen Tierversuche. Im September, mitten in der Corona-Krise, gab es in Hamburg erneut eine Demo gegen Tierversuche und zur Schließung von LPT. Auch die Bundesregierung hat vor Kurzem erneut als Ziel formuliert, Tierversuche durch Alternativen zu ersetzen.

Tierversuche für Corona-Impfstoff: Tests mit Affen

Aus Sicht der Informations-Initiative der Deutschen Wissenschaftsorganisationen („Tierversuche verstehen“) sind Tierversuche unerlässlich. So hätten „Tierversuche an Mäusen und Rhesusaffen den Weg zu diesen vielversprechenden Ergebnissen mit dem BioNTech-Wirkstoff geebnet“. Schon im Frühjahr meldeten China und die USA erste Versuchsreihen mit Rhesusaffen. Überall waren im Vorfeld bereits Versuche mit Mäusen und Ratten vorausgegangen. Teils auch mit Hamstern.

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Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden aktuell 48 mögliche Impfstoffkandidaten getestet, 164 weitere Kandidaten sind in der vorklinischen Entwicklung. Auch sie dürften am Ende an Affen getestet werden.

Tests von Corona-Impfstoffen: Rhesusaffen besonders geeignet

Laut „Tierversuche verstehen“ (dazu gehören bedeutende Organisationen wie die Leopoldina, Fraunhofer Gesellschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Leibniz-Gemeinschaft) sind Rhesusaffen besonders geeignet für Wirksamkeitsstudien des Corona-Impfstoffs. „Denn Affen können anders als die meisten Tierarten tatsächlich an Covid-19 erkranken und etwa Lungenentzündung bekommen“, sagt Referent Roman Stilling.

Ihnen werde der Impfstoff gespritzt und danach eine hohe Dosis des Virus per Nasentropfen verabreicht. Für eine Testreihe von BioNTech etwa sei ein Dutzend Tiere nötig gewesen. Stilling zum Ergebnis: „Tatsächlich waren die Affen durch den Impfstoff geschützt, eine Infektion war nicht nachweisbar.“

Ein Teil der getesteten Affen wird laut Stilling anschließend getötet, denn den Versuchstieren werden die Organe wie Herz, Lunge und Gehirn entnommen und auf Schädigungen untersucht.

Virologe Drosten spricht sich für Tierversuche aus

Auch für den Virologen Christian Drosten sind Tierversuche im Kampf gegen Corona unerlässlich. Im Corona-Podcast des NDR sagt er: „Wenn wir ein Medikament überprüfen, von dem wir denken, das könnte gegen Sars-CoV-2 helfen und Menschenleben retten, dann ist relativ klar auf der Hand liegend, dass man dafür ein paar Tiere im Labor opfert.“

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Ganz anders sehen das Organisationen wie PETA und „Ärzte gegen Tierversuche“. Dilyana Filipova von „Ärzte gegen Tierversuche“ sagt: „Die sehr schnelle Entwicklung mehrerer Impfstoffe bis zum heutigen fortgeschrittenen Stadium war nur möglich, weil viele der sonst üblichen Tierversuche übersprungen wurden.“

Als sie dann durchgeführt worden seien, wären sie längst nicht mehr nötig gewesen. Denn etwa BioNTech habe vier Impfstoffkandidaten an Menschen getestet und sich anhand der gesammelten Daten für den Impfstoff entschieden. „Das führt die Ergebnisse der später durchgeführten Affenversuche ad absurdum“, erklärt Dr. Dilyana Filipova, Wissenschaftlerin bei „Ärzte gegen Tierversuche“.

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