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Busfahrer, Polizisten, Lehrer: Drohungen, Beleidigungen, Gewalt: So hart ist ihr Job

Drohungen, Beleidigungen, Gewalt – viele Hamburger haben in ihrem Job tagtäglich damit zu kämpfen. Egal ob Busfahrer, Polizist oder Lehrer: Sie alle müssen darauf achten, dass Regeln eingehalten werden. Kein leichter Job, besonders jetzt in Zeiten der Corona-Pandemie. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) will mit der Initiative „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“ auf ihre Lage aufmerksam machen und lässt Betroffene zu Wort kommen.

„Beleidigungen, Spuck-Attacken – das kennen Kolleginnen und Kollegen leider alles zu gut. Aber die wenigsten reden noch drüber. Das gehört schon dazu“, sagt Busfahrer Thomas Scheel aus Hamburg. Laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag des DGB, haben 67 Prozent der befragten Beschäftigten in den letzten zwei Jahren Beleidigungen, Bedrohungen und tätliche Angriffe erlebt. Ganze 57 Prozent sagen, dass die Gewalt in den vergangenen zehn Jahren zugenommen hat.

Erfahrungsbericht: Busfahrer nach Vorfall arbeitsunfähig

Eine besonders schlimme Erfahrung musste auch Sigfried Weber machen, Stadtbusfahrer aus Wiesbaden. Dreimal wurde der 56-Jährige in seinem Beruf schon mit Gewalt konfrontiert. Seit dem letzten Mal vor über einem halben Jahr, ist er noch immer krankgeschrieben. Ein betrunkener Fahrgast belästigte eine junge Frau im Bus, Weber musste ihn aus dem Fahrzeug bitten.

Sigfried Weber, Stadtbusfahrer aus Wiesbaden, wurde von einem betrunkenen Fahrgast angegriffen.

Sigfried Weber, Stadtbusfahrer aus Wiesbaden, wurde von einem betrunkenen Fahrgast angegriffen.

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DGB

Als Weber von außen zu seinem Fahrerplatz zurückgehen will, passiert es: „Alles ging ganz schnell: er boxte mich unvermittelt auf die linke Seite des Brustkorbes. Ich war völlig perplex und packte ihn am Kragen seiner Jacke, um mich vor weiteren Schlägen zu schützen“, so Weber auf der DGB-Webseite. Der Betrunkene habe sich fallen lassen und dabei um die eigne Achse gedreht.

„Ich bekam meine Hand nicht mehr rechtzeitig aus seiner Kleidung.“ Die Bänder in der Hand waren kaputt, der Knorpel verdreht – noch immer leidet Weber unter den Folgen des Vorfalls. Weber hat Strafantrag gestellt.

Hamburger Polizist: „Irgendwann geht es nicht mehr mit netten Worten“

In anderen Berufen des öffentlichen und privaten Sektors sieht es ähnlich aus. „Die letzten Monate waren sehr geprägt durch Corona und die Maßnahmen, die damit zusammenhängen. Wir sagen immer: Die Waffe ist das Wort des Polizisten. Man versucht das immer anzuwenden, aber irgendwann geht es auch nicht mehr mit netten Worten“, sagt der Hamburger Polizist Niels Sahle. 79.589 Polizisten wurden laut der polizeilichen Kriminalstatistik 2018 Opfer einer Gewalttat.

Bahnmitarbeiterin: Worte können sehr verletzen

„Manche Leute glauben, dass sie mit ihrer Fahrkarte auch das Personal gekauft haben“, sagt Claudia Buch, Restaurantleiterin im Fernverkehr der Deutschen Bahn. „Ich würde mir wünschen, dass sich die Menschen mehr Gedanken machen, wie sehr Worte verletzen können.“ 2.700 Übergriffe auf Angestellte der Deutschen Bahn gab es laut des DB Sicherheitsreports im Jahr 2018.

DGB: Vorfälle führen zu Stress und Schlafstörungen

Viele Beschäftigte nehmen die Geschichten mit nach Hause. Häufige Folgen der negativen Begegnungen sind Schlafstörungen und Stress. 30 Prozent der Beschäftigten werden laut DGB krankgeschrieben, 15 Prozent benötigen stationäre oder psychotherapeutische Behandlung. „Ganz oft sage ich mir: Mich meinen die Leute gar nicht persönlich. Die Leute beschimpfen meine Uniform und die ist waschbar“, so Bahnmitarbeiterin Buch über ihre Strategie mit den Anfeindungen umzugehen.

„Wir machen schon Trainings für deeskalierende Maßnahmen, aber letztendlich sollten die Kunden uns gegenüber mehr Respekt zeigen. Anstatt einzusteigen und froh zu sein, dass wir sie fahren, müssen wir uns noch Sprüche anhören“, sagt Busfahrer Thomas Scheel.

Viele schlucken die Sprüche – und melden die Übergriffe nicht

Viele dieser Sprüche und Beleidigungen schlucken die Beschäftigten einfach – jeden Tag. 33 Prozent der Befragten melden Vorgesetzten Übergriffe sogar nicht, weil sie nicht mit Unterstützung rechnen. 

Thomas Schönfeld, Personalrat bei der Hamburger Feuerwehr: „Zu oft kommt es wegen Geringfügigkeit oder mangelndem öffentlichen Interesse zu keiner Reaktion. Das trifft die Kollegen doppelt. Man wird von den Betreffenden angegangen und die Strafverfolgungsbehörden sagen, es ist nicht weiter wild. Das macht mich auch extrem betroffen, die Kollegen sind enttäuscht und resigniert.“

DGB-Initiative will Bewusstseinswandel schaffen

Bundesweit werden für viele Berufe gar nicht erst Statistiken zu Übergriffen geführt. Die DGB will mit ihrer Initiative „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“, auf die Situation aufmerksam machen.

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79 Prozent der befragten Beschäftigten fordern mehr Schulungen, Sicherheitstechniken und Personal. „Da läuft eindeutig etwas schief. Wer sich für unsere Gesellschaft einsetzt, darf keine Angst vor Gewalt oder Beschimpfungen haben müssen. Wir brauchen einen Bewusstseinswandel, aber auch Maßnahmen von Arbeitgebern und Politik“, so die Hamburger DGB-Vorsitzende Katja Karger.

Der DGB hat sechs Punkte herausgearbeitet, die sich ändern müssen: Verlässliche Zahlen, eine Sensibilisierung von Führungskräften, Schulungen zum Gesundheitsmanagement die Einrichtung eines Sonderdezernats zur Strafverfolgung der Übergriffe.

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