x
x
x
  • Foto: Jens Koch

Interview mit Silbermond: „Frauke Petry hatte eine krasse negative Ausstrahlung“

Griffige Slogans mit klaren Botschaften: Die Band Silbermond versteht sich auf emotionale Songs über Persönliches und Gesellschaftliches. Das aktuelle Album „Schritte“ ist der Versuch der Bautzener, sich musikalisch neu zu orientieren, ohne den Markenkern zu verlieren. Beim Interview mit Sängerin und Songschreiberin Stefanie Kloß und Schlagzeuger und Songschreiber Andreas Nowak in einem Berliner Szenehotel geht es locker zu.

MOPO: Ihr letztes Album haben Sie in Nashville eingespielt. Das neue Werk „Schritte“ ist unter anderem in Südfrankreich entstanden …

Stefanie Kloß: Mit „Leichtes Gepäck“ hat sich die Band ihr Selbstbewusstsein zurückgeholt. Uns war klar, dass wir diesen Grundsound beibehalten wollen. Nicht so klar war, wie die Erneuerung aussehen sollte. Dann kamen Trompete, Mandoline und Ukelele dazu. Dafür war das Studio in Frankreich ideal. Es gibt nicht mehr viele Bands, die ihre Songs im Probenraum gemeinsam erarbeiten.

In „Träum ja nur (Hippies)“ plädieren Sie dafür, sich den Traum von einer besseren Welt nicht ausreden zu lassen.

Kloß: Eigentlich dachten wir, über einige Dinge längst hinweg zu sein. Und dann kommt doch wieder so ein Trump oder so ein Höcke. Natürlich wird es nie so sein wie in dem Song, aber er wärmt mich einfach für den Moment. Wenn wir uns nicht mal trauen zu träumen, können wir ja gleich alles an den Nagel hängen.

Das könnte Sie auch interessieren: Diese Stars kommen 2020 nach Hamburg

Spielt das politische Geschehen eine Rolle, wenn Sie neue Songs schreiben?

Kloß: Ich beschäftige mich nicht jeden Tag mit Nachrichten und Zusammenhängen, weshalb es mir manchmal schwer fällt, mir eine Meinung zu bilden. Mir hilft es, mich mit anderen darüber zu unterhalten, wie sie Dinge sehen und einordnen. Ansonsten lassen wir uns vom Gefühl leiten.

Im Song „Mein Osten“ werfen Sie einen kritischen Blick auf Ihre Heimat. Herrscht im Osten Demokratieverdruss?

Andreas Nowak: In meiner Familie ist die Demokratie total angekommen, aber ich habe Bekannte, die manchmal komische Kommentare von sich geben. Ich habe mich mit einem Physiker über den weltweiten Rechtspopulismus unterhalten. Er meinte, das habe viel mit dem Internet zu tun. Viele kommen mit der Globalisierung durch das Netz nicht klar. Sie lesen nur Überschriften und bekommen sofort Angst.

Kloß: Man muss dabei auch die Geschichte dieses Teils unseres Landes betrachten. Meine Mutter hatte Tränen in den Augen, als ich ihr das Lied vorspielte. Sie fühlte sich verstanden. Zu sagen, die Menschen im Osten wüssten nicht, wie Demokratie funktioniert, ist zu kurz gedacht. Man muss sich einzelne Biografien anhören und nicht alles über einen Kamm scheren. Für die Ostdeutschen hat sich seit der Wende wesentlich mehr verändert als für die Menschen im Westen. Wir sind sehr dankbar für die Wiedervereinigung, aber da ist immer noch eine offene Wunde. Vielleicht wählen manche ja aus Trotz, Frust oder Überforderung eine Partei, die sie tief im Herzen gar nicht gut finden. Vielleicht wollen sie damit ein Zeichen setzen, damit sich überhaupt etwas bewegt.

Stefanie, 2017 haben Sie als Mitglied der Bundesversammlung den Bundespräsidenten mitgewählt. Was war es für ein Gefühl, das Staatsoberhaupt mitbestimmen zu dürfen?

Kloß: Ein absurdes. Als Band stehen wir für keine Partei. Als die SPD mich fragte, habe ich es erstmal sacken lassen. Bei so einer Sache mitwirken zu können, ist eine Ehre. Mir gegenüber saß Frauke Petry, die aus der AfD ausgestiegen ist. Sie hatte eine krasse negative Ausstrahlung, sehr unangenehm.

Sie haben Themenhinweise für die MOPO-Redaktion? Schreiben Sie uns bei Whatsapp: 017641104112

Wie kam es zu dem Song „Für Amy“, einer Hommage an einen jungen Silbermond-Fan?

Kloß: Es gab mal eine Begegnung mit einem Fan, den Namen haben wir jedoch geändert. Es gibt sehr viele Amys in diesen Zeiten, die denken, sie seien nur mittelmäßig. Wir sind kürzlich mit der Bahn gefahren; eine Gruppe Mädels hat mich an meine Jugend erinnert: Eine war die Anführerin, eine war schüchtern und weniger hübsch als die anderen, und eine trug schöne Klamotten, lange Haare und hatte einen Freund. Diese Muster kehren immer wieder. Ich glaube, wenn ich in Zeiten von Instagram aufgewachsen wäre, hätte ich dem Wettbewerb wohl nicht standhalten können. Der Song ist ein Plädoyer dafür, sich so zu nehmen wie man ist und daraus das Beste zu machen.

Wie hat Ihnen Ihre erste Zigarette geschmeckt?

Nowak: Ich fand Rauchen immer eklig. Das liegt daran, dass wir früher in Kneipen gespielt haben. Man hat nach einem Auftritt immer so ekelhaft gestunken. Damals gab es das Rauchverbot noch nicht. Wir sind eine Nichtraucherband.

22.1., 20 Uhr, Barclaycard-Arena, Karten 42,20-62,20 Euro

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp