30.000 Euro Buße für Corona-Verstöße: Aurel-Wirt fürchtet um seine Existenz
Kneipentische ohne ausreichenden Abstand, Alkoholausschank nach der Sperrstunde – wegen mutmaßlicher Verstöße gegen die Corona-Verordnung hat Stefan Schmitz (55) inzwischen Bußgeldbescheide in Höhe von insgesamt 30.000 Euro erhalten. Der Betreiber der beliebten Bar „Aurel“ in Ottensen fürchtet um seine Existenz.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Die ersten 4 Wochen für nur 1 € testen!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Kneipentische ohne ausreichenden Abstand, Alkoholausschank nach der Sperrstunde – wegen mutmaßlicher Verstöße gegen die Corona-Verordnung hat Stefan Schmitz (55) inzwischen Bußgeldbescheide in Höhe von insgesamt 30.000 Euro erhalten. Der Betreiber der beliebten Bar „Aurel“ in Ottensen fürchtet um seine Existenz.
„Das ist unverhältnismäßig, schikanös, das kann meinen finanziellen Ruin bedeuten“, sagt Schmitz zur MOPO, hörbar aufgebracht. Vor wenigen Tagen kamen erneut Schreiben der Abteilung für Bußgeldangelegenheiten auf dem Tisch: Am 7. August 2021 um 21.50 Uhr sei der Mindestabstand von 1,50 Metern zwischen den Gästen im Aurel nicht eingehalten worden. Geldbuße für die Ordnungswidrigkeit: 8000 Euro.
Und: Am 2. Oktober 2021 um 0.28 Uhr soll im Aurel trotz Sperrstunde Alkohol zum Mitnehmen ausgeschenkt worden sein. Buße: 16.000 Euro. Zusatz unter dem Bescheid mit dem Monster-Bußgeld: „Die Regelbuße wurde erhöht, weil Sie wiederholt gegen die SARS-Cov2 Eindämmungsverordnung verstoßen haben.“
Bar Aurel: Gigantische Bußgelder wegen Corona-Verstößen
16.000 Euro Geldbuße für eine Ordnungswidrigkeit – ist das noch verhältnismäßig, selbst im Wiederholungsfall? Der Sprecher der Bußgeldstelle will den Einzelfall nicht kommentieren, betont aber: „Anders als Privatpersonen, die gegen die Verordnung verstoßen, generieren Gewerbetreibende mehr Einnahmen, wenn sie sich nicht an die Vorgaben halten. Im Wiederholungsfall ist die lineare Erhöhung der Bußgelder möglich und wird regelhaft angewendet.“ Die Regelbußgelder beginnen bei 500 Euro.
Stefan Schmitz räumt gegenüber der MOPO ein, dass ungefähr acht Bußgeldverfahren wegen Corona-Verstößen in den Jahren 2020 und 2021 gegen ihn laufen, angefangen bei 500 Euro. Die Gesamtsumme der Bußgelder belaufe sich inzwischen auf rund 30.000 Euro, dazu kommen rund 1.500 Euro Gebühren (fünf Prozent).
Den Alkoholverkauf zu später Stunde aber bestreitet der Wirt: „Wir sind doch nicht so wahnsinnig und verstoßen gegen die Sperrstunde.“
Fehler könnten passieren, so Schmitz, aber mit der Höhe der Bußgelder werde eine Branche zerstört, die nach zwei harten Jahren ohnehin am Boden liege: „Wer hat denn die Abstände in Bus und Bahn kontrolliert? Das wurde doch alles bei uns abgeladen. Wir haben getan, was wir konnten. Wir haben Türsteher eingestellt, wir haben mit den Kontrollen der Impfausweise und der Maskenpflicht die Aufgaben der Polizei mit übernommen, wir haben so einen Horror hinter uns und jetzt wird bei Mini-Fehlern mit uns umgegangen wie mit Kriminellen.“
Die Nerven bei dem langjährigen Aurel-Wirt liegen blank: Erst vor wenigen Wochen war seine Bar am Alma-Wartenberg-Platz regelmäßig von einer gewalttätigen Jugendbande heimgesucht worden. Und nun auch noch die hohen Bußgelder.
Hohe Strafen für Gastronomen: Das sagt die Behörde
Schmitz hat sich inzwischen rechtlichen Beistand gesucht. Rechtsanwalt Ullrich Kuttner hat gegen alle Bescheide Einspruch eingelegt, will die Rechtmäßigkeit und die Höhe der Bußgelder von einem Gericht überprüfen lassen. „Die Stadt legt hier eine sehr repressive Verfolgungsdynamik an den Tag“, sagt der Experte für Wirtschaftsrecht zu MOPO. Besonders kleine Gastrobetriebe hätten unter der „massiven Verfolgungspraxis mit extremen Bußgeldern“ zu leiden. Kuttner: „Das ist für die Stadt ein Weg, viel Geld einzunehmen.“
Das könnt Sie auch interessieren: Hört die Gewalt gegen das „Aurel“ jetzt auf?
Tatsächlich hat Hamburg bis zum 24. März 2022 Corona-Bußgelder in Höhe von gut 7,6 Millionen Euro eingenommen, wie aus einer Senatsanfrage der CDU hervorgeht. Insgesamt wurden in Hamburg 46.502 Bußgeldbescheide wegen Corona-Verstößen ausgestellt, bisher sind 8.264 Einsprüche eingelegt worden. 387 Anträge auf Erzwingungshaft gegen Zahlungsunwillige wurden gestellt.